Corona: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste

Die meisten mögen das Wort «Corona» schon gar nicht mehr hören, aber man wird immer wieder damit konfrontiert. Obwohl viele geimpft sind, stiegen die Zahlen seit Anfang November wieder steil an. Dies zeigt: Impfen allein genügt nicht, es braucht eine Kombination von Massnahmen.

Das prioritäre Ziel muss sein, die Übertragungswege möglichst zu unterbinden. Auch Geimpfte sind bei der Übertragung beteiligt. Deshalb sollten für Massnahmen zur Reduzierung der Übertragung sich alle beteiligen. Wenn Massnahmen wie Abstand halten, Masken tragen, Hygiene, Luftfeuchtigkeit, Verringern von Kontakten und Lüften die Zahl der Ansteckungen nicht rasch senken, ist eine Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfälle zu befürchten.

Auch Geimpfte geben das Virus weiter
Eine neue Studie zeigt: Geimpfte sind vor dem Virus sehr gut geschützt – es zirkuliert aber auch unter ihnen (1). Dabei zeigte sich bei Familien: Auch wenn die Familienmitglieder zum Teil keinerlei Symptome hatten, zirkuliert das Virus munter weiter. Wer geimpft ist, steckt sich weniger oft an – mit 25 Prozent Wahrscheinlichkeit. Wer nicht geimpft ist, muss mit einer 38-prozentigen Wahrscheinlichkeit rechnen, das Virus zu bekommen, wenn es von jemandem in den Haushalt gebracht worden ist. Dabei ist es aber egal, ob die erste Person, die das Virus in die Familie bringt, geimpft ist oder nicht – die Ansteckungsrate der anderen bleibt in etwa
gleich. Und auch die Virenlast im Rachen steigt am Anfang bei allen genau gleich – egal, ob geimpft oder nicht (2).

Lüften verdünnt die Virenmenge in Räumen
In geschlossenen Räumen kommt es rasch zu einer Aufkonzentrierung der Virenmenge. Grössere Räume müssen mittels Stosslüftung regelrecht gespült werden. Ein Superspreader – egal ob symptomatisch oder asymptomatisch – kann 100 Milliarden Viren pro Milliliter in sich tragen und 637’000 Kopien pro Kubikmeter Atemluft ausstossen. In einem Raum der Grösse 4 m x 5 m x 2,5 m Höhe und bei normalem Atmen sind schon nach rund einer Stunde mehr als tausend Virenkopien pro Kubikmeter Raumluft enthalten.
Hustet der Infizierte, steigt die Belastung auf mehr als sieben Millionen Viren pro Kubikmeter. Auf den Alltag übertragen bedeuten diese Resultate: Es besteht ein Infektionsrisiko, wenn man sich mehr als wenige Minuten in diesem Raum zusammen mit einer infizierten Person mit hoher Virenlast aufhält (3).

Wie oft soll gelüftet werden?
Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall empfiehlt in Corona-Zeiten in Büro-, Veranstaltungs- und Seminarräumen alle 20 Minuten für mindestens 3 bis10 Minuten zu lüften – bei kalten Aussentemperaturen im Winter können 3 Minuten ausreichen, während im Sommer bei höheren Aussentemperaturen erst nach 10 Minuten der gleiche Luftaustausch erreicht wird (www.bgn.de/lueftungsrechner/) (4). Der Onlinerechner der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe gibt die Lüftungsintervalle bei unterschiedlichen Raumvolumina an, zum Beispiel Raumvolumen 40 m³, 2 Personen, Lüftungsintervall: 29 Minuten.

CO2-Messgeräte helfen das Risiko zu vermindern
Gemeinhin gilt die CO2-Konzentration als Anhaltspunkt für gutes Lüften. Steigt der CO2-Gehalt in der Raumluft, sieht man es inzwischen als erwiesen an, dass die Virenbelastung ebenfalls steigt. CO2-Messgeräte schlagen Alarm, wenn der CO2-Gehalt zu hoch ist. Dann soll jeweils sofort gelüftet werden (5).

Tiefe Luftfeuchtigkeit erhöht Übertragungsrisiko
Die Anhebung der im Winter tiefen Luftfeuchtigkeit in Räumen ist ein kostengünstiges und wirksames Instrument zur Reduktion des Ausbreitungsrisikos. Eine Anhebung der Luftfeuchtigkeit auf 50% reduziert das Übertragungsrisikos erheblich. Bei nur 20% Luftfeuchte können Viren mehrere Tage überleben. Befeuchtete Luft verbessert die Abwehrsituation der Atemwege bei gesunden Personen durch eine effizientere Reinigung der Atemwege und verbesserte Immunabwehr (6). Ausserdem trocknen auch die Schleimhäute in unseren Atemwegen bei geringer Luftfeuchte stärker aus und verlieren dadurch an Abwehrkraft gegenüber Viren (7).

Wenig beachtetes Einfallstor: die Augen
Wenn jemand angehustet wird, landen die Tröpfchen ja nicht nur in der Nase, sondern auch in den Augen. Die Tränenkanäle spülen das Virus dann direkt an die Stelle im Nasen-Rachen-Raum, an der sich die Viren vervielfältigen. Dagegen hilft eine gut sitzende Schutzbrille mit zusätzlichem Seitenschutz.

Abstand ist der wirksamste Schutz
Der wirksamste Schutz vor einer Infektion bleibt aber auch mit Schutzmaske und Schutzbrille: Abstand halten! Nicht umsonst hat RKI-Präsident Lothar Wieler gesagt: «Das Schlimmste, was passieren kann, [ist,] wenn man sich mit einer Maske in Sicherheit wiegt.»

Starkes Immunsystem genügt nicht, aber hilft
Ob man sich mit dem Coronavirus infiziert oder nicht, hängt nicht davon ab, ob man ein funktionierendes oder ein geschwächtes Immunsystem hat, sondern davon, ob man Virus-Aerosole einatmet oder nicht. Wer Virus-Aerosole einatmet, ist infiziert und dadurch auch potenziell ansteckend. Ein funktionierendes Immunsystem ist natürlich besser als ein geschwächtes Immunsystem und ausgewogene Ernährung, frische Luft und genügend Schlaf ist immer eine gute Idee. Masken, Abstand halten und die Hygieneregeln sind ergänzend sinnvoll – egal, wie das eigene Immunsystem funktioniert. Um diesem Virus, das – wie sich in den letzten anderthalb Jahren zeigte – kommt und geht, die Angriffsfläche zu verkleinern, ist ein gemeinsames Vorgehen anzustreben. Statt Spalten sollte in unserem kleinen Land der Weg des Miteinanders gesucht werden. Ob Demonstrant, Geimpfter oder Ungeimpfter, alle möchten den Schaden klein halten. Dazu braucht es beiderseits Einfühlungsvermögen, Akzeptanz und Respekt vor dem Gegenüber.

Quellenangaben
(1) Christian von Burg, Schweizer Radio und Fernsehen
(2) https://www.srf.ch/news/international/impfstudie-fuer-grossbritannien-auch-geimpfte-geben-das-virus-weiter
(3) https://www.scinexx.de/news/medizin/corona-wie-hoch-ist-die-ansteckungsgefahr-durch-aerosole/ (6.11.2021)
(4) https://www.bghm.de/fileadmin/user_upload/Coronavirus/Coronavirus-BGHM-Zusatzinformationen-Lueftungsverhalten.pdf (6.11.2021)
(5) https://www.uksachsen.de/informationen-service/projekte/lueftengegen-corona
(6) https://www.condair.at/fachartikel/ausbreitungsrisiko-von-coronavirus
(7) https://www.lungenaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/corona-infektionsgefahr-in-innenraeumen-durch-verbesserte-lueftungs-und-luftreinigungstechnik-senk/

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