Fernwärmenetze: Wann machen diese Sinn und wann nicht?
Die «Liechtensteinische Gasversorgung» hat sich einen neuen Namen gegeben und nennt sicht jetzt «Liechtenstein Wärme» . Liechtenstein Wärme baut in Liechtenstein Fernund Nahwärmenetze. Wenn die Daten über die im letzten Jahr in Betreib stehenden Fernwärmenetze analysiert werden, muss hinter diese Strategie ein grosses Fragezeichen gesetzt werden.
Wärmenetze machen Sinn, wenn überschüssige Wärme aus Prozessen, beispielsweise aus der Müllverbrennung, vorhanden ist. Günstig wirkt sich auch eine hohe Anschlussdichte mit Wohnblocks, Bürogebäuden und weiteren grösseren Objekten aus.
In Wohnzonen mit vorwiegend Einfamilienhäusern, wenn für die Fernwärmeversorgung eigens Energiezentralen mit Wärmeerzeugung gebaut werden müssen, ist die Wirtschaftlichkeit in der Regel nicht gegeben. Dies auch im Hinblick, dass immer mehr PV-Anlagen in Betrieb sind und damit Wärme mit einer Wärmepumpe und mit Strom vom eigenen Hausdach effizient selbst produziert werden kann.
WÄRMENETZE HABEN HOHE ENERGIEVERLUSTE
Trotz isolierten Leitungen verlieren Wärmenetze laufend Wärmeenergie, weil diese im nur ca. 8 °C warmen Erdreich verlegt sind und das in Leitungen (Vorlauf) zirkulierende Wasser 70 bis 80 °C aufweist.
Im Jahr 2023 kaufte der Staatsbetrieb Liechtenstein Wärme (vormals LGV) 38.2 Mio. kWh Energie ein. Nur 29.6 Mio. kWh sind beim Endverbraucher angekommen (siehe Geschäftsbericht 2023, S. 13). 8.6 Mio. kWh verpufften somit auf dem Weg zum Endverbraucher als Wärmeverluste. Das entspricht einem Verlust von 22.5 % über das ganze Jahr und beim Verteilernetz von aktuell 41.2 km Länge. Pro Kilometer Leitungslänge und Jahr entspricht das einem Energieverlust von über 208’000 kWh pro km!
Wenn man den Energieverlust auf die Anzahl Fernwärmeanschlüsse (aktuell hat Liechtenstein Wärme 301 Wärmezähler im Betrieb) umlegt, dann ergibt dies pro Anschluss einen Wärmeverlust von 28’500 kWh pro Jahr. Insgesamt könnte man mit den Wärmeverlusten des Fernwärmenetzes (8.6 Mio. kWh) den ganzen Energiebedarf von 900 im Minergie-Standard gebauten
Einfamilienhäusern mit einer Fläche von 200 m2 decken.
Zu beachten ist ferner, dass gut isolierte Häuser im Sommerhalbjahr sehr wenig Wärme für die Raumheizung verbrauchen. Dies führt dazu, dass die Verlustleistung der Wärmenetze im Sommerhalbjahr sich stark erhöhen. Diese Verlustleistung muss der Endverbraucher mitfinanzieren.
WIRTSCHAFTLICHKEIT EINES FERNWÄRMENETZES
Die Anschlussdichte ist eine wichtige Kennzahl für die Wirtschaftlichkeit von Fernwärmenetzen. Denn je mehr Anschlüsse und je grösser der Verbrauch pro Km Fernwärmeleitung, umso weniger machen sich die unvermeidbaren Wärmeverluste bemerkbar.
Im Geschäftsbericht der Liechtenstein Wärme steht auf Seite 29 Folgendes: «Ab einer Wärmedichte von rund 1200 kWh pro Meter spricht man von einem Gebiet, das für Nahund Fernwärme geeignet sein sollte.»
Das Leitungsnetz der Liechtenstein Wärme hat eine Länge von 41’200 m. Im Jahr 2023 t wurden 27.8 Mio. kWh (=27.8 GWh) abgesetzt. Das ergibt pro Meter eine Wärmedichte von 675 kWh /m und Jahr, also meilenweit entfernt von 1200 kWh/m und eigentlich ungeeignet für eine Nahund Fernwärmeversorgung. Es stellt sich somit die Frage, ob Liechtenstein Wärme um jeden Preis und mit der Unterstützung der Regierung ein Fernwärmenetz aufbaut, dessen wirtschaftlicher Betrieb jetzt und auch in Zukunft eher nie gegeben sein wird. Dies, erstens, weil die ganz grossen Verbraucher (Industrie) bereits angeschlossen sind und, zweitens, die Erschliessung von Siedlungen mit Einfamilienhäuser nie rentabel sein kann. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass damit ein weiteres Mal der Steuerzahler für eine abenteuerliche Expansionspolitik zum Handkuss kommt, weil Liechtenstein Wärme das Geld für die hochtrabenden Ausbaupläne nicht hat.
DAS LIECHTENSTEINISCHE FERNWÄRMENETZ IM VERGLEICH
Gemäss einer IST-ANALYSE VON FERNWÄRMENETZEN des schweizerischen Bundesamt für Energie weisen die untersuchten schweizerischen Fernwärmenetze eine durchschnittliche Anschlussdichte von 1800 kWh pro Meter und Jahr auf. Der durchschnittliche Netzverlust ist mit 11% angegeben https://pubdb. bfe.admin.ch/de/publication/download/7306
Im Vergleich: Beim Fernwärmenetz der Liechtenstein Wärme ist der Netzverlust mit 22.5% doppelt so hoch als bei schweizerischen Fernwärmenetzen! (siehe oben und Geschäftsbericht 2023). Dies entspricht in etwa auch der zu tiefen Anschlussdichte (56% der geforderten 1200 kWh pro Meter).
ZU TIEFE ANSCHLUSSDICHTE UND HOHE BAUKOSTEN
Für den Bau von Wärmenetzen werden hierzulande oft nicht sanierungsbedürftige und noch funktionstüchtige Strassen aufgerissen Der Anschaffungspreis für ein Wärmenetz ist dadurch sehr hoch und die Wirtschaftlichkeit solcher Fernwärmenetze fraglich. Dazu kommt, dass mit schweren Baumaschinen tausende Liter Dieselöl verbraucht werden, und die kilometerlangen Leitungen aus isolierten Eisenrohren müssen auch unterhalten werden.
FERNWÄRME GRÖSSTENTEILS MIT GAS ERZEUGT
Der Geschäftsbericht 2023 enthüllt Erstaunliches: Der Staatsbetrieb Liechtenstein Wärme setzt für seine Fernwärmenetz Gas im grossen Stil ein. (Seite 13 des Geschäftsberichts, Wärmeversorgung). Gas war demnach als Wärmelieferant noch wichtiger (14.7 Mio. kWh) als Abwärme aus der KVA (13.2 Mio. kWh).
HAUSBESITZER HÄTTEN AUF GASHEIZUNGEN VERZICHTEN SOLLEN
Noch vor kurzem wollte die Regierung, mehrheitlich auch der Landtag, der Bevölkerung den Einbau von neuen Gasheizungen verbieten. Wenn man sieht, wie Fernwärme im Jahr 2023 tatsächlich produziert wurde, kommt man sich als Bürger veräppelt vor. Die Stimmbürger lehnten die Energievorlagen Anfangs dieses Jahrs ab.
IST FERNWÄRME VON LIECHTENSTEIN WÄRME TATSÄCHLICH EFFIZIENT UND UMWELTFREUNDLICH?
Wärmenetze werden von Liechtenstein Wärme (vormals LGV) als
effizient und klimafreundlich angepriesen . Aber ist die von Liechtenstein Wärme gelieferte Fernwärme tatsächlich «effizient und klimafreundlich»?
Wenn man aus dem Geschäftsbericht erfährt, dass ein Grossteil der Fernwärme mit Gas, zum überwiegenden Teil Erdgas, erzeugt wird, dann ist die Fernwärme bei weitem nicht so klimafreundlich, wie man es den Bürgern glauben machen möchte.
WANN KANN MIT ERDGAS ERZEUGTE FERNWÄRME VORTEILHAFT SEIN?
Mit Erdgas erzeugte Fernwärme kann im Vergleich zu dezentralen Gasheizungen höchstens dann vorteilhaft sein, wenn gleichzeitig eine Stromerzeugung stattfindet (sog. Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)) und die Abwärme als Fernwärme genutzt wird. Damit kann im Winter gleichzeitig der hohe Wärmeund Strombedarf unterstützt werden.
GEGEN STAATLICHE PLANWIRTSCHAFT UND FÜR TECHNOLOGIEOFFENHEIT
Was im Moment im Land abgeht, ist Planwirtschaft in Reinkultur ausgehend von der Regierung, welche die Oberaufsicht über Liechtenstein Wärme hat. Der Geschäftsführer von Liechtenstein Wärme machte darauf aufmerksam, dass zur Umsetzung der Strategie entsprechende Unterstützung durch die öffentliche Hand notwendig sei und beziffert den möglichen Investitionsbedarf mit CHF 170 Millionen. Zudem sei für die Umsetzung der Grad der Wirtschaftlichkeit zu definieren. Die Aussage zur Wirtschaftlichkeit lässt aufhorchen. Bevor weitere Fernwärmenetze gebaut werden, muss zuerst eine Gegenüberstellung von zentraler Wärmeversorgung zu dezentraler Wärmeversorgung gemacht werden. Es muss die Wirtschaftlichkeit und auch die Umweltbelastung dieser zwei Varianten mit den gleichen Kriterien bewertet werden.
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