Liechtensteinische Politik: Rück- und Ausblick
Die politische Landschaft hat sich in den letzten 30 Jahren zusehends verändert. Begonnen hat die Veränderung mit dem Eintritt der Partei der «Freien Liste» (FL) in den Politikalltag. An diesen Landtagswahlen treten erstmals fünf Parteien an. Während die FL klar links positioniert ist, politisieren die anderen beiden Oppositionsparteien «Die Unabhängigen» und die «Demokraten pro Liechtenstein» im politischen Spektrum «Mitte rechts». Das ist auch gut so. Aber wo stehen denn die beiden grossen Volksparteien «FBP» und «VU» heute?
Was macht eine Volkspartei aus?
Die Stimmenverluste an den vorhergegangenen Wahlen zeigen, dass die Wählerbasis der beiden Volksparteien zusehends erodiert. Bislang setzte sich die Wählerbasis aus Familien zusammen, die sich entweder den «Schwarzen» (FBP) oder den «Roten» (VU) zugehörig fühlten. Die Wählerbasis definierte sich also nicht nach Berufsgruppen, sondern nach Familien. Entsprechend war das berufliche Spektrum der Kandidaten relativ breit.
Das wäre auch Sinn des Milizsystems, nämlich, dass sich die Abgeordneten aus verschiedenen Berufsgruppen rekrutieren, damit die unterschiedlichen Bevölkerungsschichten und Branchen im Landtag repräsentiert sind. Dabei geht es einerseits um Interessenvertretung und andererseits auch um den Erfahrungsschatz der Branchenvertreter.
Wie gut repräsentieren die Parteien die Gesellschaft?
Einen ersten Gesamteindruck erhält der Wähler, wenn die Kandidaten nach deren beruflichen Tätigkeiten einander gegenübergestellt werden.
Während bei den Unabhängigen (DU) alle Kandidaten selbständige Unternehmer sind, sind nur gerade 14% der VU-Kandidaten selbständig.
Aus welchen Branchen rekrutieren sich die Kandidaten?
Geht man einen Schritt weiter und beleuchtet, in welchen Branchen die einzelnen Kandidaten beschäftigt sind, so lässt sich Erstaunliches feststellen. Auffällig ist beispielsweise, dass ein Grossteil der Kandidaten der VU und der FL entweder direkt beim Staat, staatsnahen Betrieben oder bei vom Steuerzahler (mit)finanzierten Institutionen beschäftigt ist.
Ist die VU noch eine repräsentative Volkspartei?
Es fällt auf, dass die VU und die Freie Liste als klare Linkspartei sich nur wenig unterscheiden. Bei beiden Parteien sind weit mehr als 50% der Kandidaten beim Staat, staatsnahen Firmen oder NGO’s (Nichtregierungsorganisationen) angestellt. Kandidaten aus dem Kreis der Gewerbler und Kleinunternehmer hat die VU keine. Man darf sich
also fragen, ob die VU-Kandidatenliste derzeit einer Volkspartei noch gerecht wird. Kein Wunder also, wenn die Verwaltung immer mehr das politische Geschehen dominiert.
Nicht nur die Landtagskandidaten, sondern auch die Regierungsratskandidaten rekrutieren sich immer mehr aus der Verwaltung oder den staatsnahen Betrieben. Es braucht sich also niemand mehr zu wundern, wenn sich bei dieser Konstellation die Verwaltung immer stärker und schneller aufbläht.
Braucht es noch einen Landtag?
Der Umstand, dass ein Kandidat oder eine Kandidatin beim Land oder einer staatsnahen Firma beschäftigt ist, sagt natürlich nichts über deren Qualitäten aus. Es kann jedoch nicht wegdiskutiert werden, dass ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber eine Treuepflicht hat. Abgeordnete, die sich aus der Verwaltung rekrutieren, müssen ihre Loyalität also einerseits gegenüber dem Arbeitgeber (Regierung) und andererseits gegenüber der eigenen Partei zeigen. Ein Spagat, der nicht wirklich funktioniert und zu einem Landtag führen kann, der nur noch eine Statistenrolle einnimmt. Wenn diese Entwicklung so weitergeht, dann werden wir uns am Ende des Tages die Frage stellen müssen, ob es einen Landtag überhaupt noch braucht.
Wähler entscheidet, wohin die Reise geht
Der Wähler hat alle vier Jahre die Möglichkeit, die Richtung, in die das Land gehen soll, mitzubestimmen, indem er jene Kandidatinnen oder Kandidaten wählt, die sein Vertrauen verdienen und seine Interessen am besten vertreten. Eine starke Opposition braucht es, um eine wirksame Kontrollfunktion wahrzunehmen. Die DpL-Abgeordneten haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie sich für die Anliegen des Volkes einsetzen und ihre Aufgabe ernst nehmen.
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