Saubere Energie! Zur weltweiten Energiewende

Im Spiegel Nr. 44 steht auf Seite 9: «Jedes Windrad birgt ein schmutziges Geheimnis» und kommt zu der Erkenntnis, «das Material entstammt einem brutalen Eingriff in die Natur». «Raubbau im Namen der Natur», lautet der Artikel. Es geht aber nicht nur um die Natur selbst, sondern auch um die Menschen, unter welchen Umständen sie leben und leben müssen, und was die Rolle der sogenannten «Industriestaaten» (einschliesslich Chinas) dazu ist. – Kann Liechtenstein als kleines Land einen Beitrag zur Verbesserung leisten? Im 2. Teil dieses Essays wird ein Versuch unternommen.

Wo und wie werden die Rohstoffe gewonnen, die zum Ausbau der Elektroenergie benötigt werden, und was bedeutet das letztlich für die Gesamtwirtschaft? Das Ganze sehen, zu Ende denken. Laut Spiegel finden sich 67 Tonnen Kupfer in nur einer Offshore-Turbine. Dafür müssen 50’000 Tonnen Erde bewegt werden. Unmengen an Strom und Wasser sind dann für die Kupfergewinnung nötig. Die Bauern protestierten gegen den Wasserentzug, werden aber nicht gehört. Der weltweite Kupferbedarf für Stromkabel, Elektromotoren und für Generatoren wird immens wachsen. Der US-Ressourcenforscher meint dazu: «Wir haben uns die Zukunft nicht ganz durchdacht!» Und weiter: «Wir benutzen die Ressourcen der Zukunft, um die Gegenwart zu bezahlen!» Dies schlägt sich bereits jetzt in der Preisentwicklung für diese Rohstoffe nieder: Nickel +26%, Kupfer +43%, Aluminium + 56%, und Lithiumcarbonat + 300%.

Uns bleiben die Zusammenhänge oft verborgen
Die fossile Welt elektrisch nachbauen und den 6-Zylinder-Jaguar durch einen Tesla einzutauschen, und schon ist der Umwelt genüge getan! Mitnichten! Dem «normalen» Bürger bleiben die Zusammenhänge verborgen, zumal diese auch – bewusst oder unbewusst – nicht kommuniziert werden. Wer denkt daran, dass für eine Tonne Seltene Erden (z. B. Neodym) 77 Tonnen Kohlendioxid entweichen? Zum Vergleich: Eine Tonne Stahl verursacht 1,9 Tonnen CO2. In einem Tesla Modell S soll angeblich so viel Lithium verbaut sein wie in 10’000 Handys.

«Es ist wie auf dem Mars»
Nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur IEA wird sich der Bedarf an kritischen Rohstoffen bis 2040 weltweit vervierfachen, bei Lithium sogar um den Faktor 42. Was bedeutet das für die jeweiligen Abbaugebiete und für die dort lebenden Menschen? «Es ist wie auf dem Mars», soll der Soziologe Mamadou Malick Bah die Situation in der nordwestlichen Gegend Guineas bezeichnen. Kaum etwas wachse mehr in dieser Gegend. Afrika ist neben Südamerika ein begehrtes Rohstoff-Abbaugebiet. Für sehr grosse Landflächen wurden Förderkonzessionen und Abbaurechte an ausländische Unternehmen, darunter auch China, vergeben. Diese kümmert der Umweltschutz wenig, und so werden landwirtschaftliche Flächen unbenutzbar und Trinkwasser weiter verschmutzt.

Liechtenstein kann Unterstützung leisten
Was sind die Auswirkungen für Europa im Allgemeinen und für Liechtenstein im Besonderen? Der vielgepriesene Ausbau der Energieerzeugung mit Strom kann allein nicht die Lösung sein. Ungebremste Weiterverwendung fossiler Brennstoffe ist es auch nicht. – Betrachtet man den Einsatz aller Rohstoffe für die elektrische Energiegewinnung, dann ist schnell ersichtlich, dass deren Bedarf mit der Grösse der Anlage relativ sinkt, und dass auch für die Weiterleitung dieser Energie weniger Kupfer benötigt wird. Ob der erneute Ruf nach Kernenergieanlagen jetzt richtig ist, mag jeder für sich entscheiden. Jedenfalls werden Klein- und Kleinstanlagen zur allgemeinen Verbesserung der Weltwirtschaft und zur Klimaveränderung nicht der grosse Durchbruch sein. Was dann, mag man sich fragen. In Liechtenstein können dies drei Dinge sein:

a) Bau eines Rheinkraftwerkes,
b) Erzeugung von Wasserstoff als Ersatz fossiler Energie, und
c) CO2-Rückgewinnungsanlagen.

Für Letzteres sind noch erhebliche Forschungsaufwände zu leisten; aber gerade hier kann Liechtenstein als reiches Land wesentliche finanzielle Unterstützung leisten und dann langfristig davon profitieren. Hier wäre eine Kooperation mit der ZHAW anzustreben, die sich bereits intensiv mit diesem Thema beschäftigt.

Abschottungsmassnahmen sind fehl am Platz
Die Migrationsströme aus afrikanischen Ländern sind gross und werden vor allem durch das hohe Bevölkerungswachstum dort in Verbindung mit wenig Perspektiven in den nächsten Jahren eher steigen als sinken, und da werden auch Abschottungsmassnahmen wenig ändern können. Das einzige Mittel ist, eine Perspektive zu geben. Dies ist möglich, wenn wir dort zur Bildung der Bevölkerung beitragen
– Schule ist in vielen Ländern kostenpflichtig und oft nicht leistbar –, die kleinstrukturierte Landwirtschaft und das kleinstrukturierte Handwerk fördern und für die entnommenen Rohstoffe einen fairen Preis zahlen. Dass auch europäische Umweltstandards gelten müssen und eingehalten werden, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Einige dieser Rohstoffkonzerne haben auch ihren Sitz in der Schweiz. Es wäre eindeutig intelligenter, Geld für die Verbesserung der Situation in den angesprochenen Ländern auszugeben, als durch Abschottungsmassnahmen den eigenen Wohlstand sichern zu wollen. Beides kostet; wir haben die Wahl. Klimawandel und Energiewandel bedingen, dass wir «in Nachbars Garten schauen» und nicht einen Zaun um uns aufbauen, der, wie es derzeit in Polen ersichtlich ist, von den Migranten niedergerissen wird.

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