IGV-Änderungen

Kaufen wir eine hinkende Kuh – oder behalten wir die Kontrolle über unseren eigenen Stall?

Am 20. Juni 2025 hat der Schweizer Bundesrat den überarbeiteten Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zugestimmt – jedoch mit klaren Vorbehalten. Besonders im Bereich der Bekämpfung von sogenannter «Fehl- und Desinformation» betont die Schweiz, dass es dafür keine gesetzliche Grundlage gibt. Sie hält unmissverständlich fest, dass sie auch künftig an der Meinungs-, Medien- und Wissenschaftsfreiheit festhalten und eine objektive, wissenschaftlich fundierte Risikokommunikation gewährleisten wird.

Ignorierte Bedenken in Liechtenstein

In Liechtenstein hingegen wurde das Thema nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und Transparenz behandelt.

Ein Postulat der DpL sowie eine von Bürgern eingereichte Petition, die den Landtag auf die weitreichenden Folgen der IGV-Änderungen aufmerksam machten und einen Vorbehalt forderten, wurden ignoriert. Auch im Rahmen der Landtagsdebatte zum Bericht und Antrag der Regierung (BuA) verzichteten die beiden Grossparteien FBP und VU auf einen Einsatz für die Meinungsfreiheit – und signalisierten stattdessen Zustimmung zur vollständigen Übernahme der IGV-Änderungen.

Damit stellt sich Liechtenstein nicht nur gegenüber der Schweiz ins Abseits, sondern auch gegen einen erheblichen Teil der eigenen Bevölkerung: Laut einer Vaterland-Umfrage sprachen sich 64 % von rund 2‘000 Teilnehmern für einen Widerspruch aus. Ein klares Zeichen: Das Vertrauen in den politischen Umgang mit dem Thema ist angeschlagen.

Eine hinkende Kuh – und kein Preis in Sicht

Während der Juni-Landtagssitzung äusserte sich der Gesundheitsminister Emanuel Schädler so: «Wir müssen die ganze Kuh kaufen, auch wenn sie ein bisschen hinkt.» Doch diese Aussage wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Welcher Bauer kauft eine hinkende Kuh – ohne zu wissen, was sie kostet?

Diese Metapher wirkt fast zynisch angesichts der Tatsache, dass ein völkerrechtlich bindender Vertrag übernommen wird, der tief in die nationale Souveränität und in Grundrechte eingreift – ohne dass die finanziellen, politischen oder gesellschaftlichen Folgen klar abgeschätzt werden.

Als Ausweg wird auf das theoretische Recht verwiesen, den Vertrag später zu kündigen, falls «massive Kosten» entstehen – man könne ja dann «die Reissleine ziehen». Doch ein solcher Schritt wäre diplomatisch heikel und politisch schwer umsetzbar. Verantwortung sieht anders aus.

Mehr als ein Verwaltungsakt

Die neuen IGV sind kein harmloser technokratischer Verwaltungsakt. Sie schaffen eine Grundlage für Eingriffe in nationale Entscheidungsprozesse, Medienlandschaften und Meinungsfreiheit – gerade in Krisenzeiten, wenn demokratische Kontrolle besonders notwendig ist. Der Passus zur Desinformationsbekämpfung ist juristisch schwammig und politisch riskant:

Wer definiert, was Desinformation ist? Wie wird verhindert, dass legitime Kritik unterdrückt wird?

Widersprüchliche Kommunikation, fehlende Aufarbeitung

Ein stellvertretender Abgeordneter der VU warb für die IGV und warf der DpL «populistische Angstmacherei» vor. Gesundheitsminister Schädler wiederum gestand ein, dass gerade die Kritiker zur Aufklärung beigetragen hätten. Das zeigt: Die politische Kommunikation ist widersprüchlich – der öffentliche Diskurs wurde weder konsequent geführt noch transparent aufgearbeitet.

Auch auf internationaler Ebene bleiben Fragen zur Herkunft von SARS-CoV-2 offen. Die Möglichkeit, dass das Virus aus einem Labor stammen könnte, wird von westlichen Geheimdiensten – darunter auch der BND und US-Dienste – inzwischen nicht mehr kategorisch ausgeschlossen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich hierzu bislang nicht eindeutig positioniert: Ein klares Dementi fehlt, ebenso wie eine umfassende und glaubwürdige Untersuchung. Diese Zurückhaltung wirft Fragen hinsichtlich der Unabhängigkeit und Transparenz der WHO auf.

Vor diesem Hintergrund erscheint es bedenklich, dass Liechtenstein der Organisation weitreichende Befugnisse einräumen will – und dies offenbar ohne kritische Prüfung.

Ein Vorbehalt ist noch möglich – und dringend nötig

Noch ist es nicht zu spät. Laut WHO-Regularien kann Liechtenstein bis zum 19. Juli 2025 einen Vorbehalt zu den IGV-Änderungen einreichen – so wie es die Schweiz bereits getan hat. Ein solcher Schritt wäre kein Affront gegen die WHO, sondern ein klarer Akt demokratischer Selbstbestimmung. Er würde zeigen, dass Liechtenstein seine verfassungsmäßig garantierten Grundrechte ernst nimmt – und die Sorgen der eigenen Bevölkerung nicht ignoriert.

Kommentare

Dieser Artikel hat noch keine Kommentare.

Kommentar hinterlassen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert