Kann eine Quote die Gesellschaft ändern?
Im letzten Landtag wurde über die Einführung einer zu übernehmenden EU-Richtlinie debattiert, welche die Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit von Frauen und Männern beinhaltet. Es ging darum, wie eine ausgewogenere Vertretung der Geschlechter in Führungspositionen zu erreichen sei. Deshalb sollen verbindliche Zielvorgaben betreffend die Vertretung des unterrepräsentierten Geschlechts in den Verwaltungs-, Leistungs- und Aufsichtsorganen von im EWR börsenkotierten Aktiengesellschaften sowie die Grundzüge eines klaren und transparenten Auswahlverfahrens für Kandidatinnen und Kandidaten festgelegt werden. Um die Durchsetzung zu stärken, sollen Sanktionen bis zu CHF 10‘000 vorgesehen werden.
Obwohl diese neuen Vorschriften nur für EWR-börsenkotierte Aktiengesellschaften gelten und zum jetzigen Zeitpunkt auf keine Gesellschaft in Liechtenstein Anwendung finden, bin ich der Meinung, dass diese Gesetzesanpassungen weitreichende Folgen haben können und daher tiefergehend betrachtet werden müssen.
NÄCHSTE GENERATION SOLL AUF IHR KÖNNEN VERTRAUEN
Was bedeuten diese Vorgaben für Frauen? Muss eine Quote eingeführt werden, damit das unterrepräsentierte Geschlecht auch berücksichtigt wird? Wie gesagt, es ist nicht immer leicht, sich als Frau mit Männern zu konkurrenzieren. Nicht weil sie per se besser sind als Männer, sondern weil ihr Netzwerk besser funktioniert. Aber am Ende des Tages will keine Frau, die gleichwertig behandelt werden will, eine Quotenfrau sein. Oftmals haben wir Frauen schon ohne Quote das Gefühl, dass wir mehr leisten müssen, besser sein müssen, mehr arbeiten müssen, um gleichwertig behandelt zu werden. Wenn man dann aber noch den Stempel der Quote aufgedrückt bekommt, dann wird man diesen nie mehr los. Auch wenn man sich noch so anstrengt und noch so gute Leistungen abliefert, der Stempel bleibt. Was geben wir sonst der nächsten Generation von Mädchen und jungen Frauen mit? Meine und auch die kommenden Generationen profitieren heute von dem Einsatz von Frauen, die an uns geglaubt haben und eine Gesellschaft angestrebt haben, in der Frauen und Männer ungeachtet ihres Geschlechts nach ihrer Kompetenz Ziele erreichen können. Sie haben sich dafür eingesetzt, dass auch Frauen eine gute Schulbildung erhalten, dass Frauen wählen dürfen, dass Frauen heute die Wahl haben, das zu tun, was sie für sich als wichtig und richtig erachten. Ich bedanke mich bei all diesen Frauen, die diesen oft steinigen Weg für uns gegangen sind.
KOMPETENZ-QUOTE ANSTELLE VON FRAUEN-QUOTE
Ich glaube aber nicht, dass diese Frauen je wollten, dass eine Quote eingeführt wird, und wir uns auf dieser ausruhen. Kann etwas, was durch Zwang und Sanktionen durchgesetzt wird, auf breite Akzeptanz stossen und ein Umdenken fördern? Ich wäre lieber für eine Kompetenz-Quote. Bei einer Kompetenz-Quote sollte das Geschlecht keine Rolle spielen, sondern das Können und die Qualität. Dies würde wirklich der Gesellschaft dienen.
Meiner Meinung nach sind wir schon einen weiten Weg gegangen, und wenn ich in den Landtag und auf die Regierung blicke – mit einer Regierungschefin und einer Regierungschefin-Stellvertreterin –, sind wir auf einem sehr guten Weg. Es ist noch nicht alles erreicht, aber es liegt an uns, gewisse Strukturen zu ändern und unsere Kinder dahingehend zu erziehen, dass allein die Kompetenz zählt und nicht das Geschlecht.
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