Kritischer Blick auf die Umsetzung internationaler Programme in Liechtenstein

Frühsexualisierung in Kitas und Schulen

Das Urteil gegen den Ruggeller Pfarrer hat in Liechtenstein eine Welle der Empörung ausgelöst – nicht nur wegen des milden Strafmasses, sondern auch im Hinblick auf das grundsätzliche Thema sexueller Übergriffe auf Kinder. Dabei zeigt sich: Solche Taten passieren häufig nicht innerhalb kirchlicher Strukturen, sondern weitaus öfter in Sportvereinen oder im familiären Umfeld – dort, wo Kinder sich sicher fühlen sollten. Entscheidend ist dabei stets das Machtgefälle zwischen einer sogenannten Vertrauensperson und dem Kind.

Text: Martin Seger

Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, Kinder durch altersgerechte Aufklärung zu stärken. In Liechtenstein ist Sexualkunde fester Bestandteil des Lehrplans – ein grundsätzlich sinnvoller Ansatz. Doch die Art und Weise, wie bestimmte Inhalte vermittelt werden, verdient eine genauere Betrachtung. Internationale Programme wie die WHO-Leitlinien zur Sexualaufklärung werden häufig eins zu eins übernommen, ohne dass sie ausreichend auf unsere kulturellen und gesellschaftlichen Gegebenheiten abgestimmt werden.

Ein besonders heikler Punkt: Die WHO empfiehlt bereits für Kinder im Alter von 0 bis 4 Jahren, Themen wie «Lust an der eigenen Berührung», «frühkindliche Masturbation» oder «Doktorspiele» zu behandeln. Dafür sollen in Kindertagesstätten sogar Rückzugsräume geschaffen werden. Diese Praxis wirft Fragen auf – nicht nur hinsichtlich der kindlichen Reife, sondern auch im Hinblick auf potenzielle Missbrauchsgefahren.

Auch die Schulworkshops externer Anbieter wie der Stiftung love.li, etwa «Wo komme ich her?» für 9-Jährige, stossen auf Kritik. Während Kinder in diesem Alter bereits ein gewisses Verständnis für ihren Körper entwickeln, ist die Vermittlung komplexer biologischer Abläufe wie Schwangerschaft und Geburt nicht für alle gleich gut verdaulich. Eine flexible, am Entwicklungsstand des einzelnen Kindes orientierte Herangehensweise wäre hier deutlich kindgerechter als ein starrer Lehrplan.

Besonders bedenklich ist, dass Eltern oft nur am Rande informiert werden. Laut Kinder- und Jugendschutzgesetz (Art. 2 Abs. 2) tragen sie jedoch die Hauptverantwortung für die Erziehung. Sie sollten daher nicht nur informiert, sondern aktiv in Entscheidungen einbezogen werden. Eine ausdrückliche Zustimmung zur Teilnahme ihres Kindes an sexualpädagogischen Programmen sollte selbstverständlich sein.

Die kindliche Entwicklung ist individuell – und gerade bei sensiblen Themen wie Sexualität sollte man auf Standards verzichten, die weder das Alter noch das persönliche Umfeld des Kindes berücksichtigen. Kinderschutz bedeutet nicht nur Schutz vor Übergriffen, sondern auch Schutz vor Überforderung. Ein offener Diskurs über Inhalte, Methoden und Altersgrenzen ist daher dringend notwendig.

Wer mich bei diesem Thema unterstützen möchte, bitte melden unter:
martin.seger@landtag.li

Besten Dank.

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