Medienvielfalt in Liechtenstein
VIELFALT STATT EINFALT
Medienvielfalt gilt als eine der tragenden Säulen einer lebendigen Demokratie. Doch in Liechtenstein scheint diese Vielfalt mehr und mehr zu schwinden. Mit dem Liechtensteiner Vaterland berichtet nur noch eine Zeitung tagesaktuell aus dem Land – und dominiert damit zunehmend den öffentlichen Diskurs. Dabei liegt das eigentliche Problem nicht allein in der Anzahl der verbliebenen Medien, sondern im inhaltlichen Ungleichgewicht.
Echte Medienvielfalt bedeutet nicht, mehrere Kanäle mit derselben Botschaft zu bespielen. Es geht um Meinungspluralität, um kritische Auseinandersetzung und ein transparentes Pro und Contra. Doch genau diese Vielfalt an Perspektiven scheint in der aktuellen Berichterstattung zu fehlen. Stattdessen erleben viele Bürger eine zunehmend einseitige Darstellung von Themen, bei der abweichende Meinungen kaum mehr Platz finden. Der Eindruck politischer Einflussnahme liegt nahe – und wird als demokratiegefährdend empfunden.
Besonders problematisch ist dabei die politische Machtkonzentration im Land. Die Vaterländische Union (VU) stellt nicht nur die stärkste Fraktion im Landtag, sondern auch die Mehrheit in der Regierung. Die Fortschrittliche Bürgerpartei (FBP) trägt als Koalitionspartner viele Entscheidungen mit. In einem solchen politischen Umfeld wiegt es schwer, dass ausgerechnet die einzige verbliebene Tageszeitung in ihrer Geschichte eng mit der VU verbunden war – und bis heute in ihrer Ausrichtung nicht als unabhängig wahrgenommen wird.
Ein Medium, das staatlich unterstützt und parteipolitisch gesteuert ist, kann seiner Rolle als vierte Gewalt nur schwer gerecht werden. Wenn Regierung, Parlament und Leitmedium politisch weitgehend gleichgeschaltet sind, fehlt das notwendige Korrektiv. Der öffentliche Diskurs wird zum Echoraum der Macht – kritische Stimmen und investigativer Journalismus geraten ins Abseits.
Diese Entwicklung stellt nicht nur die Pressefreiheit in Frage, sondern gefährdet die demokratische Substanz des Landes. Demokratie lebt vom Widerspruch, nicht von Einheitsmeinung. Sie braucht Medien, die unbequem sein dürfen, die kontrollieren, hinterfragen und auch widersprechen.
Was Liechtenstein dringend braucht, ist daher nicht mehr vom Gleichen, sondern eine Rückbesinnung auf die Grundwerte unabhängiger Berichterstattung: kritische Debatten, mediale Vielfalt und eine klare Trennung zwischen politischer Macht und publizistischer Verantwortung. Nur so kann das Vertrauen in Medien und Demokratie erhalten bleiben – und beides wieder an Glaubwürdigkeit gewinnen.
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