Nachhaltige Energie – Ein Fragekatalog
Liechtenstein steht vor einer entscheidenden Weichenstellung in der Energiepolitik. Der Wille, erneuerbare Energien fördern zu wollen, ist unbestritten. Doch die aktuelle Prüfung von Windkraftanlagen wirft bei mir eine Reihe von kritischen Fragen auf.
Haben Sie sich diese auch schon gestellt?
WINDKRAFT: FLÄCHENVERBRAUCH VERSUS ENERGIEPOTENZIAL
Ist das Potenzial der Windkraft wirklich so gross, dass es den massiven Eingriff in unsere Landschaft rechtfertigt? Eine Windkraftanlage versiegelt dauerhaft 3’000 bis 5’000 Quadratmeter – fast so viel wie ein Fussballfeld. Mit Zufahrtswegen und Sicherheitszonen sind sogar bis zu 10’000 Quadratmeter betroffen. Geeignete Standorte sind hauptsächlich auf bestem Ackerland oder in Schutzgebieten mit der entsprechend sensiblen Tier- und Pflanzenwelt.
Angesichts der Tatsache, dass Liechtenstein zwischen 1984 und 2019 bereits über 11 % seiner Kulturfläche verloren hat und der Selbstversorgungsgrad bei der Ernährung nur 49 % beträgt, ist die Frage der Ernährungssicherheit genauso relevant wie die der Energieversorgung. Landwirtschaftliche Nutzfläche darf gemäss Gesetz nur bei überwiegendem öffentlichem Interesse umgewidmet werden, und ein gleichwertiger Realersatz muss geschaffen werden. Doch wie, wenn Boden nicht vermehrbar ist?
WASSERKRAFT: EIN UNTERSCHÄTZTES POTENZIAL?
Warum suchen wir in den Lüften, wenn die Lösung vor unseren Füssen liegt? Die Wasserkraft hat in Liechtenstein Tradition und liefert im Gegensatz zu Wind und Sonne zuverlässig Strom – und das nicht nur, wenn es der Wettergott will. Der Landtag samt Regierung lehnte 2023 die Prüfung eines Laufwasserkraftwerkes mit Rheinwasser im Binnenkanal ab. Im Gegensatz dazu prüft der Kanton St. Gallen aktuell ein Rheinkraftwerk beim Ellhorn. Warum ignorieren wir das Potenzial der Wasserkraft? Bereits unsere Vorfahren setzten bei Sägewerken und Mühlen auf Wasserkraft, dies anstelle von Windmühlen. Weshalb, kann sich jeder selber denken.
NICHTS GELERNT AUS DER PHOTOVOLTAIK?
Es ist noch nicht allzu lange her, als sich das Land auf eine mögliche Lösung unseres Energieproblems fixierte: Photovoltaik. Förderungen wurden und werden noch heute grosszügig ausbezahlt. Es sollte gar eine Pflicht ins Baugesetz integriert werden. Viele Bürger und Unternehmen folgten dem Ruf der Politik und investierten in Photovoltaik. Nun folgt die Retourkutsche: Negativpreise und erhöhte Netzgebühren. Der Grund? Die Spitzen der Stromproduktion fallen logischerweise im ganzen Land zeitgleich an, was das Netz überlastet, da es bisher keine geeigneten und ausreichenden Speichermöglichkeiten gibt.
DIE FALSCHE PRIORITÄT?
Droht uns nun das gleiche Spiel mit der Windkraft? Auch Windanlagen produzieren Strom nur unter bestimmten meteorologischen Bedingungen. Oft weht der Wind (Föhn oder Bise), wenn auch die Sonne scheint – genau dann, wenn die Solaranlagen und PV-Anlagen bereits einen Überschuss erzeugen. Ist es sinnvoll, dann noch zusätzlichen Strom zu produzieren?
Was geschieht, wenn weder Wind noch Sonne zur Verfügung stehen und eine sogenannte Dunkelflaute herrscht? Wir benötigen eine Infrastruktur, die zuverlässig und auf Knopfdruck 100 % Leistung liefert. Die Investition in wetterabhängige Anlagen erfordert immer auch eine wetterunabhängige Parallel-Infrastruktur. Ist es wirklich wirtschaftlich, doppelt zu investieren, statt sich auf eine zuverlässige, steuerbare Quelle zu konzentrieren?
EIN GANZHEITLICHES KONZEPT IST GEFRAGT
Alternativen sollten nicht vorschnell ausgeschlossen werden, vielmehr braucht es ein ganzheitliches Konzept. Sämtliche Möglichkeiten der verlässlichen Stromgewinnung, intelligente Importstrategien und Speichermöglichkeiten sollten einbezogen werden. Nur so kann eine nachhaltige und sichere Energieversorgung für die Zukunft Liechtensteins gewährleistet werden, ohne unsere Lebensgrundlage zu gefährden.
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