Omnibus-Gesetze und die Frage nach Transparenz im Landtag

Der Begriff «Omnibus» ist in der Politik kein Fremdwort mehr. Gemeint sind damit Sammelgesetze, die mehrere, oft nicht direkt zusammenhängende Regelungen in einem Paket bündeln. Was auf den ersten Blick nach Effizienz klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als zweischneidiges Schwert. Einerseits erlaubt es, verschiedene Anliegen in einem Verfahren abzuwickeln, andererseits droht die Transparenz für Parlament und Öffentlichkeit verloren zu gehen.

Bereits in seiner Untersuchung zur Landtagsreform von 2012 hat Roger Beck im Buch «Liechtenstein Politische Schriften, Band 53 – Rechtliche Ausgestaltung, Arbeitsweise und Reformbedarf des Liechtensteinischen Landtags» auf strukturelle Schwächen unseres parlamentarischen Systems hingewiesen. Besonders die Abläufe bei der Gesetzgebung zeigen auf, dass der Landtag mitunter Mühe hat, den Überblick zu behalten. Wenn komplexe Materien in ein einziges Gesetzespaket (Omnibus) gepackt werden, entsteht ein Spannungsfeld: Die Abgeordneten müssen einem Gesamtpaket zustimmen oder es verwerfen – selbst dann, wenn sie einzelne Punkte davon unterstützen oder ablehnen würden. Enthaltung ist im Liechtensteiner Parlament bekanntlich nicht erlaubt.

Dieses Vorgehen mag pragmatisch erscheinen, ist aber demokratiepolitisch heikel. Denn der Landtag ist nicht bloss ein Knopfdruck-Gremium, bei welchem die anpassungsfähige Mehrheit den Weg vorgibt. Bürger dürfen erwarten, dass Gesetze transparent beraten, inhaltlich nachvollziehbar diskutiert und im besten Fall einzeln verabschiedet werden. «Sammelgesetze» untergraben dieses Prinzip, indem sie kontroverse Inhalte in einer Masse an Bestimmungen «mittransportieren». Hand aufs Herz: Wer hat noch den Überblick in der Flut an Gesetzen inklusive EU/EWR, die fortlaufend geändert werden?

Noch schwerer wiegt ein weiterer Aspekt, der zunehmend das demokratische Gleichgewicht gefährdet. Die Gewaltentrennung ist faktisch in Gefahr. Die problematische Verordnungskompetenz wird regelmässig mit dem Wortlaut «Näheres regelt die Regierung durch Verordnung» gewährt, diese wird sozusagen zum «Freipass» der Exekutive. Dadurch gibt der Landtag als gesetzgebendes Organ an Einfluss ab, während die Regierung immer mehr Detailregelungen an sich zieht. Beispiele wie die elektronische Mehrwertsteuerabrechnung (eMwSt.) oder das elektronische Gesundheitsdossier (eGD) zeigen, wie weitreichend solche Verordnungen in den Alltag eingreifen – ohne dabei den Landtag kontaktieren zu müssen. Diese Entwicklung verschiebt das Machtgefüge weg von der Volksvertretung.

Gerade in Liechtenstein wäre es möglich, andere Wege zu gehen. Kürzere, klarer strukturierte Gesetze, nachvollziehbare Verfahren und eine Stärkung der parlamentarischen Debatte. Dazu gehört auch, dass die Abgeordneten genügend Ressourcen erhalten, sich in komplexe Themen einzuarbeiten. Becks Analyse machte schon 2012 deutlich, dass Handlungsbedarf besteht – nicht nur organisatorisch, sondern auch im Selbstverständnis des Landtages.

Es geht um die Frage, wie transparent unsere Gesetzgebung wirklich ist und ob die Bürger darauf vertrauen können, dass ihre Interessen kongruent und offen behandelt werden. Ein moderner Landtag muss sich dieser Herausforderung stellen: Weg vom «Omnibus», hin zur Gesetzgebung, welche die demokratische Verantwortung von Seiten der Volksvertretung ernst nimmt.

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