Recht auf ein Leben OFFLINE

In meiner Kleinen Anfrage im Septemberlandtag forderte ich eine Stellungnahme der Regierung zur Frage, ob Liechtenstein – wie der Kanton Genf – ein verfassungsmässig verankertes Recht auf digitale Integrität und damit ein Recht auf ein Leben OFFLINE schaffen sollte.

In Genf wurde dies 2023 mit klarer Zustimmung umgesetzt, um sicherzustellen, dass Bürger auch künftig ohne App- oder Smartphone-Zwang einen Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen haben.

Die Antwort unserer Regierung bleibt vage. Zwar wird betont, dass die bestehende Gesetzeslage bereits ausreichend Schutz biete. Laut Art. 6 E-GovG sei für «Privatpersonen, soweit sie nicht Unternehmen sind, ein nicht-elektronischer Kommunikationskanal sicherzustellen.» Diese Formulierung im Gesetz ist zu wenig konkret.

Ein Blick in die Praxis zeigt das Beispiel der e-MwSt. Zur Einreichung der MwSt.-Abrechnung wird die eID benötigt. Ein Unternehmen gilt als juristische Person. Jedoch agieren die Mitarbeitenden für das jeweilige Unternehmen als natürliche Personen. Somit benötigen die jeweiligen Mitarbeitenden zur Ausübung von Tätigkeiten im Zuge ihres Berufsalltages die – wohlbemerkt persönliche – eID. Daher ist es eine Augenauswischerei, dass die eID-Pflicht nur für juristische Personen gelte. Es ist der Mensch, der arbeitet, nicht eine Organisation.

Bereiche, in denen es heute für Privatpersonen nicht mehr ohne eID geht, wurden in der Antwort ausgespart. Selbst bei Themen, die direkt Privatpersonen beziehungsweise natürliche Personen tangieren, existieren Beispiele für einen «eID-Zwang». Wer beispielsweise ein Stipendium beantragen will, benötigt zwingend die eID. Das wird auf der Website der Landesverwaltung wie folgt kommuniziert:

In einem weiteren sehr persönlichen und wichtigen Bereich, der Gesundheit, ist auch die eID zwingend nötig. Wer sein Elektronisches Gesundheitsdossier (eGD) selbstständig nutzen möchte, benötigt die eID.

Wer keine eID hat, muss sich per Formular an das Amt für Gesundheit wenden. Es muss dem Amt mitgeteilt werden, dass beispielsweise der Befund des Psychiaters ausgeblendet werden soll. Ebenso muss das Amt um Hilfe gebeten werden, wenn Protokolldaten oder gespeicherte Gesundheitsdaten und genetische Daten abgefragt werden sollen. Selbst wenn die protokollierten Zugriffe kontrolliert werden möchten, ist die Hilfe des Amtes nötig. Dadurch werden Behördenmitarbeitende zu «Datenhoheitsgehilfen», denn die Datenhoheit liegt beim eGD bei der krankenversicherten Person. Weiters ist die Frage berechtigt, welchen Stellenwert das Arztgeheimnis in der heutigen Zeit überhaupt noch hat, wenn Verwaltungsmitarbeitende für die Ausübung der Datenhoheit in höchstpersönlichen Bereichen benötigt werden.

Dieses Beispiel zeigt, dass Altbewährtes – wie zum Beispiel das Arztgeheimnis – zum Opfer der Digitalisierung wird. Hinzu kommt, dass analoge Menschen diskriminiert werden. Zwei schwerwiegende Punkte, die nicht zum Opfer einer Ideologie werden dürfen.

Ein Recht auf ein Leben OFFLINE darf kein theoretisches Konzept bleiben. Es braucht verbindliche Regeln, die analoge Alternativen nicht nur versprechen, sondern auch benutzerfreundlich sicherstellen.

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