Schutzstatus S – Zwischen Solidarität und Verantwortung

EIN KRIEG OHNE ENDE IN SICHT
Der Krieg in der Ukraine dauert nunmehr über drei Jahre – länger, als viele zu Beginn für möglich hielten. Millionen Menschen sind auf der Flucht, auch Liechtenstein hat seine Türen geöffnet. Seit 2022 haben 1’281 Menschen bei uns Schutz gesucht. 806 befinden sich derzeit im Land, 764 davon mit dem sogenannten Schutzstatus S. Bezogen auf die Einwohnerzahl liegen wir damit über dem europäischen Durchschnitt.

Diese Zahlen sind Ausdruck von Solidarität, aber sie werfen auch eine nüchterne Frage auf: Können wir diese Verantwortung dauerhaft tragen – oder sind wir an den Grenzen unserer Möglichkeiten angekommen?

EUROPÄISCHE PARTNER REAGIEREN
Andere Länder haben längst reagiert. Norwegen unterscheidet inzwischen zwischen sicheren und unsicheren Regionen in der Ukraine – wer aus einem «sicheren Gebiet» kommt, fällt nicht mehr unter den kollektiven Schutz. Auch die Schweiz prüft, ob sie den Status S künftig restriktiver auslegen soll.

Liechtenstein kann diese Debatten nicht ignorieren. Wir müssen unsere Position bestimmen und zwar rechtzeitig, bevor uns die Realität überholt. Denn nichts wäre gefährlicher, als erst dann zu handeln, wenn die Probleme schon offen zutage treten. Politik muss vorausschauen, nicht hinterherlaufen.

MEHR ALS EINZELMASSNAHMEN
Es geht nicht darum, Solidarität in Frage zu stellen. Es geht darum, sie verlässlich und tragfähig zu gestalten. Einzelne organisatorische Verbesserungen reichen nicht mehr. Was wir brauchen, ist eine gesamtheitliche Strategie, die Politik, Bevölkerung und Schutzsuchenden Orientierung gibt.

Diese Strategie muss Antworten liefern:
• Wie entwickeln wir den Schutzstatus S weiter?
• Welche Perspektiven eröffnen wir den Menschen, die bei uns bleiben – und wie begegnen wir gleichzeitig den Sorgen der Bevölkerung?
• Wie gehen wir mit unseren begrenzten Kapazitäten um – insbesondere bei Unterkünften und in der Beschulung?

Eine solche Strategie ist kein Luxus, sondern ein Gebot der Vernunft. Sie schafft Verlässlichkeit, nimmt Unsicherheiten und macht Politik erklärbar. Gerade in schwierigen Zeiten brauchen Menschen das Gefühl, dass ihre Regierung die Lage im Griff hat – und nicht von Ereignissen getrieben wird.

EIN APPELL AN DIE VERANTWORTUNG
Für mich ist klar: Wer heute handelt, schafft Sicherheit für morgen. Wer sich scheut zu handeln, überlässt die Zukunft dem Zufall – und das können wir uns nicht leisten. Es ist an der Zeit, dass Liechtenstein eine klare Linie findet: menschlich, verantwortungsvoll, zukunftsfähig.

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