Spätfolgen einer Gesetzesreform

Gesundheitliche Spätfolgen – weshalb eine Verkürzung der Verjährungsfristen problematisch ist.

In der Landtagssitzung vom Dezember 2025 wurde beschlossen, die allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsfristen von 30 auf 10 Jahre zu kürzen. Das gilt unter anderem auch im Gesundheitswesen. Diese Kürzung mag in wirtschaftlichen Bereichen nachvollziehbar sein, kann hingegen im Gesundheitssektor weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen.

Eine solche Verkürzung ist kritisch zu beurteilen, da beispielsweise gesundheitliche Spätfolgen einer Fehlbehandlung erst nach langer Zeit auftreten können. Das gilt auch für Behandlungen, die zum damaligen Zeitpunkt als sicher und wirksam galten und bei denen keinerlei strafrechtliches Fehlverhalten vorlag. Genau deshalb braucht es im Gesundheitsbereich besonders lange Fristen, damit Betroffene ihr Recht einfordern können.

Die Geschichte zeigt uns eindrücklich, wie wichtig der zeitliche Aspekt sein kann: Asbest, DDT, Contergan, DuoGynon, DES, Rofecoxib, Roaccutan, Valproat, Atorvastatin usw. – all das sind Beispiele für Folgeschäden, die erst Jahre oder Jahrzehnte später sichtbar wurden. Und gerade heute ist zu beobachten, wie eine Vielzahl von neuartigen Technologien und Behandlungsmöglichkeiten in der Medizin zum Einsatz kommt. Die Medizin und Pharmaindustrie befinden sich in einem rasanten Wandel.

Ein Blick in den entsprechenden Bericht und Antrag (BuA) der Regierung zeigt, woher die Bekräftigung zur Reform kommt. Zur Vernehmlassung für die Gesetzesänderung waren nahezu ausschliesslich wirtschafts- und verwaltungsorientierte Akteure eingeladen: Bankenverband, Treuhandkammer, Wirtschaftsprüfervereinigung, Industrie- und Handelskammer, Versicherungsverband, Anlagefondsverband, Vermögensverwalter, FMA usw. sowie Gerichte.

Nicht eingeladen wurden hingegen Vereinigungen, die sich für Patientinnen und Patienten bzw. das «Menschenwohl» einsetzen – etwa die Patientenorganisation LIPO, die Opferhilfe oder der Verein für Menschenrechte. Durch die Kürzung der Verjährungsfristen kann der Patient im Falle von gesundheitlichen Spätfolgen, die nicht auf einer strafbaren Handlung basieren, sein entsprechendes Recht nur mehr wesentlich verkürzt einfordern.

Die Regierung begründet die Reform im BuA vor allem damit, dass kürzere Fristen die Rechtssicherheit erhöhen und alte Streitfälle reduzieren. Doch aus Sicht des Patienten ist dieser Ansatz nachteilig. Im Gesundheitswesen entstehen Spätfolgen oft erst nach vielen Jahren und Betroffene müssen ihren gesundheitlichen Zustand nicht nur medizinisch abklären lassen, sondern häufig auch juristisch durch aufwendige und kostspielige Expertisen absichern. Solche Auseinandersetzungen sind kräftezehrend und für Erkrankte vielfach unmöglich, weil Kraft, Wissen oder finanzielle Mittel fehlen.

Diese Reform mag im Wirtschaftsbereich modern wirken. Im Gesundheitsbereich aber wirft sie grundlegende Fragen der Fairness und Gerechtigkeit auf. Wenn gesundheitliche Spätfolgen erst spät sichtbar werden, wird eine verkürzte Frist für viele Betroffene zum endgültigen Verlust ihrer Ansprüche führen. Genau deshalb wäre es notwendig gewesen, auch «menschenwohlorientierte» Organisationen in den Prozess einzubeziehen.

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