Tempo 30 in Eschen — Sicherheit ja, Demokratie auch

Die Gemeinde Eschen hat sauber gearbeitet. Man hat die Leute informiert, Unterlagen offengelegt, Karten und Zahlen auf den Tisch gelegt. Das ist anständig, das ist fair. In einer Zeit, wo Politik oft hinter verschlossenen Türen läuft, kann man das loben.

Aber gerade weil alles offenliegt, darf man auch nüchtern fragen: Reicht das, was vorliegt, wirklich für einen so tiefen Eingriff? Der Hauptgrund für Tempo 30 ist die Unfallverhütung. Doch die nackten Zahlen sagen etwas anderes: In Eschen gibt es wenige Unfälle. Von einer gefährlichen Lage kann man nicht sprechen. Auch die vielen Messungen, die vorgestellt wurden, zeigen keine dramatischen Ausreisser.

Natürlich – jeder Unfall ist einer zu viel. Das weiss jeder Familienvater, jede Mutter, jeder, der Kinder zur Schule gehen lässt. Aber deshalb gleich ganze Quartiere bremsen? Ohne klare Beweise, dass es hilft? Das ist schwer zu rechtfertigen. Politik darf nicht von guten Absichten allein leben. Sie braucht harte Fakten.

Und dann ist da die Rechnung. Schon die erste Stufe von Tempo 30 wird rund CHF 400’000 kosten – Schilder, Umbauten, Kontrollen. Und dabei bleibt es nicht: Die Gemeinde hat bereits weitere Gebiete in Eschen und Nendeln als nächste Schritte im Blick. Das ist viel Geld für eine kleine Gemeinde. Geld, das uns bei echten Gefahrenstellen mehr bringen würde: sichere Übergänge, bessere Beleuchtung, bauliche Massnahmen an Schulwegen. Jeder Franken muss dort eingesetzt werden, wo er den grössten Nutzen bringt.

Hinzu kommt: Die Verantwortlichen versprechen eine «Erfolgskontrolle». Aber diese Kontrolle findet erst nach der Einführung statt – also dann, wenn das Geld längst ausgegeben ist. Das ist wie ein Experiment auf Kosten aller.

Ein Blick nach Schaan zeigt, wohin Übertreibung führt: 2021 sagten zwei Drittel der Bürger Nein zu Tempo 30 im ganzen Dorf. Nicht aus Leichtsinn, sondern weil die Leute das Missverhältnis von Kosten und Nutzen erkannten.

Eschen ist Eschen, nicht Schaan. Und ich sage das auch als Mitglied des Gemeinderats: Ich schätze meine Kolleginnen und Kollegen sehr und weiss, wie sorgfältig sie arbeiten. Aber am Ende reicht eine Umfrage, bei der nur ein Teil der Leute mitgemacht hat, nicht aus. Wenn man alle betreffen will, muss man auch alle entscheiden lassen. Darum braucht es eine Abstimmung.

Ein Referendum ist kein Angriff auf den Gemeinderat. Es ist das Recht der Leute, mitzureden, wenn es um ihr eigenes Dorf geht. Es zwingt uns Politiker, die Argumente klar auf den Tisch zu legen – und den Bürgern die Wahl zu lassen.

Sicherheit ist wichtig. Aber sie entsteht nicht durch schöne Schlagworte, sondern durch Augenmass und Vernunft. Die Frage ist einfach: Wollen wir Tempo 30 flächig einführen, obwohl die Unfalllage das nicht verlangt? Oder setzen wir das Geld dort ein, wo es wirklich schützt?

Bild: Copyright «Atelier Müller Lütolf»

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