Verwirrung um den Migrations- und Asylpakt

Der Bericht und Antrag über die Übernahme der Rechtsgrundlagen im Rahmen des EU-Migrationsund Asylpakts (BuA 89/2025) schlich sich als eher unaufgeregtes Traktandum im Novemberlandtag ein, da Liechtenstein im Zusammenhang mit dem Schengen- und Dublinabkommen diese Verordnungen übernehmen muss.

Dass viele Teile des Regierungsvorschlags aus Sicht unseres Landes zustimmenswert sind, da sie eine striktere und konsequentere Durchsetzung der Asylverfahren und damit auch der Wegweisungen beinhalten, war unbestritten. Die Beteiligung Liechtensteins am Dublin-System trägt dazu bei, die Anzahl der im Inland durchzuführenden Asylverfahren sowie die damit verbundenen administrativen und finanziellen Belastungen zu begrenzen. In der Eurodac-Datenbank sollen nicht nur wie bis anhin Fingerabdrücke von Migranten sowie Asylsuchenden gespeichert werden, sondern unter anderem auch biometrische Gesichtsbilder. Dies soll die irreguläre Einwanderung in den Schengenraum verhindern helfen. Ebenfalls soll das Mindestalter für die Registrierung von Minderjährigen von 14 auf 6 Jahre herabgesetzt werden. Die Umsetzung des Migrationspaktes führt gemäss Regierung zu einer Verbesserung des Migrationsmanagements im Schengen-Raum, was bei einer erfolgreichen Umsetzung zu einer Verringerung der Gesuchszahlen im Inland führen sollte.

Verwirrung um den Migrations- und Asylpakt
Liechtenstein hat aufgrund seiner geografischen Lage ein grosses Interesse an einer funktionierenden und krisenresistenten europäischen Migrations- und Asylpolitik. Neu ergäbe sich die Möglichkeit des sofortigen Vollzugs der Wegweisung ohne Setzung einer Ausreisefrist, in Fällen, in denen Personen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen. Die Anpassungen tragen zu einer beschleunigten Verfahrensabwicklung bei und stellen gleichzeitig, und dies finde ich sehr wichtig, die Rechtsstellung der Personen, welche den internationalen Schutz in Liechtenstein beantragen, sicher.

SPEKULIERT DIE REGIERUNG MIT DEN KNAPPEN ZEITRESSOURCEN DER ABGEORDNETEN?
Was allerdings passieren kann, wenn die Regierung Berichte und Anträge zu wenig lesbar und verständlich für die Volksvertreter aufarbeitet, zeigte sich an diesem Beispiel deutlich: Die Diskussion im Landtag rund um den Migrations- und Asylpakt dauerte mehr als drei Stunden, denn die Abgeordneten mussten vier EU-Verordnungen, die Grundlage für die vorgeschlagene Gesetzesänderungen waren, behandeln. Diese wurden aber im ganzen Bericht vermischt, und die Regierung war nicht in der Lage, den Abgeordneten konkret zu sagen, welche der EU-Verordnungen denn nun für Liechtenstein gelten und welche nicht. Aus diesem Grund beantragte die DpL-Fraktion dann auch die Zurückweisung an die Regierung, damit sie nochmals die Möglichkeit erhält, klar aufzuzeigen, welche Teile welcher Verordnungen von Liechtenstein übernommen werden müssen und welche für uns nicht relevant sind. Der Regierung hätte sich dadurch die Chance geboten, Erläuterungen zu den unzähligen von den Abgeordneten gestellten Fragen nachzureichen. Doch ausser der DpL-Fraktion gaben sich alle Abgeordneten mit den eher dürftigen Erläuterungen der Regierung zufrieden und warten nun auf die zweite Lesung des Gesetzes, bei welcher es dann für uns Abgeordnete nicht mehr viel Spielraum für Diskussionen und Abänderungen geben wird.

SOLIDARITÄTSMECHANISMUS: OFFENE KOMMUNIKATION – FEHLANZEIGE
Ein für uns noch offener, nicht beantworteter Punkt bei der Übernahme des Gesetzes bleibt der im Bericht und Gesetz vage angedeutete Solidaritätsmechanismus. Nur die Abgeordneten, welche sich durch 200 Seiten EU-Verordnungen gekämpft hatten, hatten überhaupt eine Ahnung, in welchen Gesetzesartikeln sich der Solidaritätsmechanismus versteckt, weil nähere Erläuterungen im Bericht fehlten. Beim Solidaritätsmechanismus handelt es sich um die freiwillige, solidarische Übernahme von Asylsuchenden oder eine finanzielle Abgeltung an EU-Staaten, welche Asylsuchende aufnehmen.

ZUSÄTZLICHE ÜBERNAHME VON ASYLSUCHENDEN ODER FINANZIELLE ABGELTUNG?
Leider wussten die Abgeordneten bis zum Schluss der Debatte weder, was die Übernahme des Solidaritätsmechanismus für Liechtenstein bedeutet noch ob die Regierung eine finanzielle Abgeltung, oder die freiwillige, zusätzliche Übernahme von Asylsuchenden bevorzugt. Selbst über die Höhe einer möglichen finanziellen Abgeltung konnte die Regierung keine Aussagen tätigen. Und trotzdem soll der Solidaritätsmechanismus im neuen Gesetz verankert werden, man weiss nur noch nicht, was das für uns bedeutet. Der Gesetzgebungsprozess ist eine der obersten Aufgaben des Landtages und muss deshalb auch ernst genommen werden. Nur mit genügend Informationen lassen sich Entscheidungen treffen, hinter denen man auch stehen kann und die im Interesse des Landes und seiner Bürger sind.

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