Vom Armenhaus zur Waffenfabrik – wie viel kostet uns unsere Seele?

Es ist so weit: Liechtenstein ist heute ein aktiver Teil der globalen Rüstungs- und Tötungsindustrie. Still und beinahe unsichtbar verlassen Patronenhülsen Made in Liechtenstein die Werkhallen in Eschen, hergestellt mit nur einem Zweck: Menschen zu töten oder zu verstümmeln.

Und was geschieht im Land? Keine Empörung. Kein Aufschrei. Kein politischer Diskurs.

Während über 500 Menschen eine Petition gegen den Gaza-Krieg unterschrieben haben und im Landtag Betroffenheit über das Leid im Nahen Osten gezeigt wurde, bleibt ein anderes Thema unangetastet: unsere eigene Beteiligung am Krieg. Kriegsmaterial aus Liechtenstein. Von hier, von uns.

Ich habe dieses Thema in jeder meiner Landtagssitzungen angesprochen. Doch keine andere Partei hat es aufgenommen. Auch die Medien nicht. Auch die Öffentlichkeit nicht. Kaum Leserbriefe. Kein Widerstand. Schweigen.

Was ist los mit unserer Nation?

Noch vor gut 100 Jahren war Liechtenstein eines der ärmsten Länder Europas. Liechtensteiner Kinder, die sogenannten Schwabenkinder, wurden auf dem Kindermarkt in Ravensburg verkauft, ersteigert von Bauern, um auf deren Höfen zu arbeiten. Damals war man froh, «ein Maul weniger» am Tisch zu haben.

Und heute? Vier Generationen später, in der wohlhabendsten Zeit unserer Geschichte, produzieren wir Bauteile für Waffen. Ohne Not. Ohne wirtschaftliche Notwendigkeit. Und vor allem: ohne jede gesellschaftliche Diskussion.

Wir beteiligen uns an einer Industrie, deren Geschäftsmodell Tod, Verstümmelung und Zerstörung ist.

Ich sage es offen: Ich habe ein Problem mit dieser Heuchelei. Mit der Doppelmoral, die sich auch in Regierung und Landtag widerspiegelt.

Wir zeigen Betroffenheit über Flüchtlingsströme, über Kriegsverbrechen, über Leid, und gleichzeitig verdienen wir mit an den Kriegen, die genau dieses Leid verursachen.

Wollen wir wirklich Teil dieser Kette sein?
Teil eines Systems, das vom Töten lebt?
Wollen wir wirtschaftlich vom Schmerz anderer profitieren?
Wollen wir wirklich Blut an unseren Händen?

Frieden sollte unser Exportschlager sein, nicht der Tod.

Eine Rüstungsindustrie ist keine zukunftsfähige Industrie. Sie ist nicht innovativ. Sie ist nicht nachhaltig. Sie kennt nur zwei Szenarien:

Die Munitionslager sind voll, die Produktion steht still.
Es braucht einen neuen grossen Krieg, damit weiter geliefert werden kann.

Vom Armenhaus zur Waffenfabrik – wie viel kostet uns unsere Seele?

Beides ist zutiefst verstörend. Beides ist moralisch untragbar. Beides widerspricht dem, was wir als Nation sein wollen.

Und die Regierung? Sie verweist auf den Zollvertrag mit der Schweiz. Die Bewilligungen für Kriegsmaterial liegen beim SECO, also kann man sich hier bequem zurücklehnen und sagen: «Wir entscheiden ja gar nicht.»

Doch für mich ist das keine verantwortungsvolle Politik.

Für mich stellt sich vielmehr die Frage: Will das Volk überhaupt, dass in Liechtenstein Kriegsmaterial hergestellt wird?

Wer Kriegsmaterial sät, wird Flüchtlinge ernten.

Ist die liechtensteinische Bevölkerung bereit, die Folgen zu tragen?
Hat dieses Land es wirklich nötig, aus wirtschaftlicher Sicht in die Produktion von Kriegsmaterial einzusteigen?

Für mich lautet die Antwort auf all diese Fragen: Nein.

Wir brauchen keinen Katalog an ESG-Kriterien, wir brauchen einen moralischen Kompass. Und er scheint uns abhandengekommen zu sein.

Es reicht nicht, sich hinter Nachhaltigkeitslabels, Bürokratie und vermeintlich ethischen Standards zu verstecken.

Was wir brauchen, ist etwas Tieferes: Gewissen. Haltung. Verantwortung. Ein Rückbesinnen auf Werte, auch auf christliche Werte.

Wir müssen wieder wissen, wo unsere rote Linie ist als Gesellschaft, als Land, als Menschen.

Ich wünsche mir, dass mehr Menschen in Liechtenstein aufwachen. Dass sie ihre Stimme erheben, nicht nur für ferne Länder, sondern für unser eigenes Land. Für Liechtenstein. Für den Frieden. Für eine Zukunft, in der unsere Kinder auf unser Land mit Stolz blicken können und nicht mit Scham.

Kommentare

Dieser Artikel hat noch keine Kommentare.

Kommentar hinterlassen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert