Kurzbeschreibung der Verfassungsinitiative

Neu soll das Volk bei der Bestellung der Regierung mitbestimmen. Anstatt ein paar wenige Parteiobere, unterbreitet das Stimmvolk dem Landtag einen Vorschlag für die Regierungskandidaten. Damit wählt das Volk die Regierung zwar nicht direkt, neu wird die Regierung über drei Stufen eingesetzt.

  1. Das Stimmvolk schlägt dem Landtag insgesamt 4 Regierungsräte (2 im Wahlkreis Oberland und 2 im Wahlkreis Unterland) und einen Regierungschef (Wahl über beide Wahlkreise) vor. Der Vorschlag des Volkes ist für den Landtag und für das Staatsoberhaupt unverbindlich.
  2. Der Landtag prüft die Volkswahl. Er kann die vorgeschlagenen Regierungsräte in geheimer Wahl bestätigen, damit spricht er den Personen einzeln das Vertrauen aus. Bei der Einsetzung der Regierung kann der Landtag die Regierungskandidaten nicht ohne Konsequenzen für sich selber ablehnen. Lehnt er einen oder mehrere vorgeschlagene Kandidaten ab, kommt es zu Neuwahlen. Diese hohe Hürde wurde bewusst eingebaut, damit eine parteipolitisch motivierte Nichtwahl einer einzelnen Person nicht einfach möglich ist.
  3. Der Landesfürst prüft den Vorschlag des Landtages und kann, sofern er mit dem Vorschlag einverstanden ist, die Personen in die Regierung ernennen. Lehnt das Staatsoberhaupt eine Person ab, muss diese offene Position mit einer neuerlichen Wahl nachbesetzt werden.

Mit dieser Initiative behält der Landesfürst alle seine bisherigen Rechte. Während der Legislaturperiode kann der Landtag weiterhin in Abstimmung mit dem Landesfürsten einem einzelnen Regierungsmitglied das Vertrauen entziehen. Zudem kann der Landtag wie bisher die gesamte Regierung ohne Mitwirkung des Staatsoberhauptes entlassen.

Publikationen:

Verfassungsentwurf und Erläuterungen des Zentrum für Demokratie Aarau vom 6. März 2023

Verfassungsinitiative vom 7. Juni 2023

Kurzgutachten zur Verfassungsinitiative des Liechtenstein Instituts vom Juli 2023

 

Mitbestimmen stärkt die Demokratie

Wenn das Stimmvolk anstatt ein paar Parteiobere dem Landtag die Regierungskandidaten zur Ernennung vorschlägt, dann ist dies keine tiefgreifende Verfassungsänderung, wie es der FBP-Landesvorstand fälschlicherweise darzustellen versucht, sondern das legitime Recht des Stimmvolks. Gerade die Personalpolitik der FBP in der jüngeren Zeit ist mit ein Grund, warum das Vorschlagsrecht nicht mehr länger ein paar Parteioberen in ihrem Hinterzimmer überlassen werden darf, sondern in Zukunft transparent und in aller Öffentlichkeit abgehandelt werden soll.

Die DpL schlägt zwar eine Verfassungsänderung, aber keine Experimente vor, denn die bewährte Staatsform, eine konstitutionelle Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage, wird nicht angetastet. Auch die Staatsgewalt bleibt beim Fürsten und dem Volk verankert und wird von beiden ausgeübt, wie die Verfassung dies in Artikel 2 vorgibt. Bis jetzt haben ein paar wenige Parteisteuermänner hinter verschlossenen Türen die Regierungsmitglieder ausgewählt, ausgewechselt, fallengelassen und abgesägt, gerade wie es ihnen beliebte. Damit soll nun Schluss sein. Die Parteien sollen neu ihre Regierungskandidaten dem ganzen Stimmvolk vorstellen und nicht nur einem kleinen Parteigremium. In einer Volkswahl soll das Stimmvolk dem Landtag dann die besten Regierungsmitglieder zur Wahl empfehlen. Das ist beileibe keine tiefgreifende Verfassungsänderung, aber eine tiefgreifende Veränderung für die Parteikapitäne und deren intransparentes Verhalten. Für diese ist Demokratie nur gerade so lange gut, solange es nach ihren Köpfen und Ränkespiel geht.

Die Verschiebung des Vorschlagsrechts von den Parteikapitänen zum Stimmvolk ist definitiv kein tiefer Eingriff in die Verfassung. Im Gegenteil, die in der Verfassung verankerte Staatsgewalt, die vom Fürsten und Volk gemeinsam ausgeübt wird, erfährt eine Stärkung. Der Vorschlag der DpL gibt dem Volk das Recht, sich bei der Bestellung der Regierung aktiv zu beteiligen. Dies stärkt unsere Demokratie im Sinne unserer Verfassung und wirkt auch der zunehmenden Politikverdrossenheit entgegen.

 

(Un-)Berechenbarkeit der FBP Führung

Das Präsidium und die Landtagsfraktion der FPB schreiben in einer Stellungnahme zu unserer Initiative im Vaterland: «… dass die Berechenbarkeit der Politik stark leiden wird, wenn nicht mehr zwingend die Parteien die Vorschläge für Regierungsmitglieder machen können».

Es wäre von Vorteil, wenn die FBP-Führung die DpL-Initiative zuerst genau lesen würde, bevor sie voreilige Schlüsse zieht. Die Parteien werden mit Sicherheit auch nach der Einführung des Mitbestimmungsrechtes des Volkes ihre Vorschläge für Regierungsmitglieder machen. Das Volk wählt dann aus den von den Parteien vorgeschlagenen Kandidaten diejenigen Personen aus, die nach seiner Meinung die Fähigsten für das Amt eines Regierungsrats oder Regierungschefs sind. Danach entscheiden der Landtag und der Landesfürst wie bis jetzt, ob die zur Wahl empfohlenen Regierungsmitglieder eingesetzt werden. Bereits jetzt versucht die FBP-Spitze, mit Angstmacherei und falschen Informationen die Initiative zu torpedieren. Die DpL ist für die Stärkung der Volksrechte, denn die Regierungswahl war bisher keine echte Wahl.

Die FBP-Spitze ist der Auffassung, dass nur sie selbst Garant für Stabilität ist. Darunter versteht sie, in einem Partei-Hinterzimmer und ohne jegliche Mitwirkung des Volkes über die Regierungsbesetzung selbst zu bestimmen. Aber wie sieht FPB-Führungsberechenbarkeit in der Realität denn aus? Im Jahr 1993 hat der Landtag auf Antrag der FBP ihrem eigenen Regierungschef das Vertrauen entzogen. Dies hatte dann die Auflösung des Landtages und Neuwahlen zur Folge. Im Juli 2019 entliess der Landtag gemeinsam mit der FBP-Fraktion die damalige FPB-Aussenministerin Frick (nur ein FBP-Abgeordneter unterstützte die eigene Regierungsrätin). Ein Ersatz-Regierungsmitglied fand die FBP in Katrin Eggenberger. Sie durfte zwar in die Bresche springen, aber nur ein paar Monate später hat sie die FBP-Führung kalt abserviert.

Die DpL hat Vertrauen ins Stimmvolk. Dieses hat mit 100-prozentiger Sicherheit ein besseres Urteilsvermögen als die FBP-Parteioberen. Diese fürchten sich offenbar bereits jetzt davor, dass ihre Kandidaten vom Stimmvolk nicht gewählt werden könnten. Das ist beim neuen Wahlmodus tatsächlich möglich, wenn sich dann mehr als 6 Kandidaten für 5 Regierungssitze bewerben. Das ist aber erwünscht, denn es sollen die Fähigsten in der Regierung Einsitz nehmen, nicht die Parteitreusten.

 

Demokratie lebt durch Mitbestimmung

Replik zum Bericht des «Vaterland»-Journalisten «equ» vom 9. 8. 2023. Wie dem Artikel entnommen werden kann, wünschen sich viele Bürger eine Mitsprache bei der Bestellung der Regierung. Diesen Wunsch erfüllen die Demokraten pro Liechtenstein (DpL) mit ihrer eingereichten Verfassungsinitiative. Wie läuft das Wahlprozedere ab? Die Parteien oder auch andere Gruppierungen können neben Abgeordneten neu auch Regierungsräte und allenfalls einen Regierungschef/in auf die Wahllisten schreiben lassen. Die Anforderung für eine Kandidatur sind für Regierungsmitglieder gleich wie für Landtagsabgeordnete. Zur Wahl vorgeschlagene Regierungsmitglieder können sich gleichzeitig auch für ein Landtagsmandat bewerben.

Der Wahlvorgang im Einzelnen: Bei der Landtagswahl gibt es wie bisher Wahllisten mit Abgeordneten. Neu würde es zusätzliche Listen mit Regierungsrats- und Regierungschefkandidaten geben. Auf der Wahlliste des Oberlands stehen die Oberländer Regierungsratskandidaten, auf derjenigen des Unterlands die Unterländer Regierungsratskandidaten. Die zwei Regierungsratskandidaten mit den meisten Stimmen im jeweiligen Wahlkreis, also zwei aus dem Unterland und zwei aus dem Oberland, total vier, werden dem Landtag zur Wahl empfohlen. Die Volkswahl des Regierungschefs erfolgt mit einer Liste über das ganze Land. Der Regierungschef-Kandidat mit den meisten Stimmen wird zusammen mit den erwähnten vier Regierungsräten an der Eröffnungssitzung des Landtages den Abgeordneten zur Wahl in die Regierung empfohlen. Wenn 13 oder mehr von 25 Abgeordneten in einer geheimen Wahl das Wahlergebnis der Stimmbürger bestätigen, werden die vom Volk gewählten Regierungskandidaten dem Landesfürsten zur Ernennung empfohlen.

Der wesentliche Unterschied ist, dass nicht wie bis jetzt ein paar Parteiobere, sondern neu das Volk dem Landtag und indirekt dem Landesfürsten die Personen empfiehlt, welche die Regierungsaufgaben übernehmen sollen.

Der «Vaterland»-Journalist equ meint im Titel seines Beitrages, das wäre ohne Änderung der Verfassung umsetzbar. «Der Landtag könnte sich darauf einigen, nur Landtagsmitglieder in die Regierung zu wählen». Der Landtag «könnte», das ist unsicher. Die Demokraten pro Liechtenstein mögen keine halben Sachen. Das Volksrecht in die Verfassung einzutragen, sorgt für Stabilität und Sicherheit. Die Demokratie lebt von der Mitbestimmung durch das Volk.