Die heutigen Klassengrössen bringen das System an den Anschlag

Vermehrt sind Hilfeschreie von den Schulleitungen, Lehrkräften und Heilpädagogen zu hören, die mit den grossen Klassengrössen und dem im Lehrplan verankerten, integrativen Ansatz an ihre Grenzen kommen.

Die Zustände in den heutigen Klassen sind nicht dieselben, wie vor 20 Jahren, als der integrative Ansatz hochgelobt wurde. Während der Finanzkrise hat man auf Grund des Spardrucks die Klassengrössen von 22 auf 25 angehoben. Nachdem der Staatshaushalt saniert wurde, ist bis dato aber darauf verzichtet worden, die Richtzahl wieder nach unten zu korrigieren. Das Schulamt entscheidet, ab wann geteilt werden kann. Es kommen auch Klassengrössen mit über 25 Kinder vor. Die Gemeinden haben wenig Mitspracherecht. Wenn dazu die Konstellation der Klasse noch herausfordernd ist, wird das Unterrichten eine Belastung für Lehrer und Kinder.

Heute werden Kinder mit Lernschwäche, Sprachschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten oder mit besonderen Bedürfnissen in Regelklassen unterrichtet und beanspruchen von den Lehrkräften die volle Aufmerksamkeit. Sind in einer Klasse von 24 Primarschülern aber die Hälfte der Kinder auf Unterstützung angewiesen, so leiden auch die anderen Kinder darunter. Auch wenn es genügend Fachlehrer, Heilpädagogen und Klassenhilfen gibt, liegt die Hauptverantwortung bei der Klassenlehrperson. Das birgt Gefahren und die Schulleitungen schlagen Alarm, sind aber machtlos.

Kinder mit diesen Herausforderungen zu betreuen, ist für die Lehrkräften und Heilpädagogen ein enormer Aufwand. Sie müssen vermehrt Elterngespräche führen und die Zusammenarbeit mit dem Stützpersonal koordinieren. Zusätzlich ist die verantwortliche Lehrkraft die meisten Stunden allein mit den Grossklassen, und das zehrt an den Kräften. Natürlich gibt es auch gut funktionierende Beispiele, die werden aber in der Regel immer weniger. Die Herausforderungen werden in Zukunft nicht einfacher, und wir sollten mit den Betroffenen über neue Ansätze nachdenken.

Unser Augenmerk muss auf die kleinsten schulpflichtigen Kinder gelegt werden, denn dort werden die Weichen für einen erfolgreichen Bildungs- und Berufsweg gelegt. Unsere Kinder sind die Fachkräfte von morgen. Genau sie sollten die Chance haben, einen guten Schulstart erleben zu können. Wichtig ist es für die Kinder und deren Familien, sich in diesem neuen Lebensabschnitt stabil und mit Wohlbehagen in das Schulleben einleben zu können. Der Fokus der Lehrkräfte ist dabei zentral!

Wir müssen uns die Frage stellen, ob eine Systemaufweichung nicht angebracht wäre, oder präziser ausgedrückt, die Entscheidung über die optimale Klassengrösse nicht verlagert werden muss. Können wir uns das nicht leisten in unserem Staat? Ich denke, dass gerade in unserem Land an der Bildung nicht gespart werden sollte. Natürlich sind die Unterschiede gross zwischen den Gemeinden und die Bedürfnisse nicht überall gleich akut. Vergleiche zwischen den Gemein- den sind oft schwierig.

Genau deshalb wäre über mehr Gemeindeautonomie, respektive Schulautonomie, nachzudenken. Wieso sollten nicht die Schulleiter der einzelnen Gemeinden entscheiden können, ab wann eine Klasse geteilt werden soll? So kann der integrative Ansatz allenfalls überleben. Denn in kleineren Klassen könnten die Lehrkräfte besser auf die Schüler eingehen, die Arbeitssituation verbessert sich und der Unterricht wird leiser. So haben auch Kinder ohne besonderen Status, eine Chance in einem ruhigen Umfeld sich zu fokussieren.

Für die Demokraten pro Liechtenstein ist Bildung ein wichtiges Thema. Deshalb haben die DpL-Abgeordneten eine Interpellation dazu eingereicht, um wichtige Fragen von der Regierung klären zu lassen.

Kommentare

Dieser Artikel hat noch keine Kommentare.

Kommentar hinterlassen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert