Liechtenstein Wärme

Wohin soll die Reise gehen?

Am 13. Mai 2025 reichten die Demokraten pro Liechtenstein (DpL) eine Interpellation zum Nah- und Fernwärmenetz von Liechtenstein Wärme (vorher: Liechtensteinische Gasversorgung (LGV)) ein. In der Interpellation wird die Regierung aufgefordert, eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit dem forcierten Ausbau des Nah- und Fernwärmenetzes zu beantworten.

BEREITS CHF 80 MIO. IN DAS NAHUND FERNWÄRMENETZ INVESTIERT

Liechtenstein Wärme (LW) hat seit 2008 insgesamt knapp CHF 80 Mio. in den Aufbau eines eigenen Nah- und Fernwärmenetzes investiert. In den letzten beiden Jahren wurde das Ausbautempo sogar noch erhöht. Die Frage, wie hoch die Kreditschulden einer komplett eigenständigen Firma Liechtenstein Wärme wären, konnte die Regierung in der Interpellationsbeantwortung nicht beantworten, da dafür angeblich eine Initial- bzw. Startfinanzierung, ein Anfangsanlagevermögen etc. angenommen werden müsste.

AB WELCHEM WÄRMEABSATZ PRO FLÄCHE IST EIN FERNWÄRMENETZ WIRTSCHAFTLICH?

Gemäss LW kommt ein Gebiet ab einer Wärmedichte von rund 1‘200 Kilowattstunden pro Meter (kWh/m) (= 1.2 MWh/m) für die Erschließung mit einem Fernwärmenetz in Frage. «In Frage kommen» heisst dann wohl, dass man mit dieser Wärmedichte in die Nähe der Wirtschaftlichkeit käme. Bei einer Wärmedichte von über 2’000 kWh/m wäre das Gebiet nach LW sogar für Nah- und Fernwärme prädestiniert. Das heisst, dass erst ab dann von wirklicher Wirtschaftlichkeit gesprochen werden kann.

LW WEIT WEG VON WIRTSCHAFTLICHKEIT

Bei einem existierenden Nah- und Fernwärmenetz von jetzt 52.1 Km Länge müssten folglich weit mehr als 62.5 Mio. kWh Energie jährlich abgesetzt werden, damit man in die Nähe der vorausgesetzten Wirtschaftlichkeit kommt. Tatsächlich verkauft wurden jedoch lediglich 35 Mio. kWh. Das heisst nichts anderes, als dass LW weit weg von der anvisierten Wirtschaftlichkeit operiert. Und mit jeder weiteren Verlängerung des Fernwärmenetzes in weniger attraktive Quartiere entfernt man sich weiter von diesem Ziel. Gemäss Geschäftsbericht 2024 sind von der eingekauften Wärmemenge von 42 Mio. kWh lediglich 35 Mio. kWh bei den Endkunden angekommen. Dies entspricht einem durchschnittlichen Verlust von 20%!

WIE UMWELTFREUNDLICH IST DAS NAH- UND FERNWÄRMENETZ?

Obwohl das Nah- und Fernwärmenetz als sehr umweltfreundlich angesehen resp. als solches vermarktet wird, hat LW im Jahr 2024 11.5 Mio. kWh Erdgas-/Biogas für die Wärmenetze eingekauft. Das entspricht knapp einem Drittel der verkauften Energiemenge. Den Privathaushalten wird nahegelegt, ihre Gasheizungen durch Wärmepumpen zu ersetzen, und der Staatsbetrieb LW setzt Gas im grossen Stil für ihre Nahwärmenetze ein. Widersprüchlicher kann Politik nicht sein.

WER BEZAHLT AM ENDE DEN AUSBAU DES NAH- UND FERNWÄRMENETZES?

Mit der Eignerstrategie erlaubt die Regierung LW, Gewinne aus der allgemeinen Geschäftstätigkeit, insbesondere Gewinne aus dem Gasnetz und dem Gashandel, zur Finanzierung des Ausbaus des Nahund Fernwärmenetzes zu verwenden. Das heisst, dass heute Gaskunden den Aufbau des Nah- und Fernwärmenetzes mitfinanzieren. Gemäss Regierung ist kein Rückfluss der Mittel an die Gaskunden geplant. Allerdings reicht die Quersubventionierung durch die Gaskunden bereits heute nicht, sondern Staat und Gemeinden subventionieren jeden Anschluss mit CHF 20’000 oder mehr für ein Einfamilienhaus. Mit den bisher investierten CHF 80 Mio. hätte man vermutlich fast jedem Haushalt in Liechtenstein eine Wärmepumpe schenken können.

UNGLEICHBEHANDLUNG DER STROM- UND GASKUNDEN

Nach dem EU-Beihilferecht (Art. 107 AEUV) sind bei Grundversorgungsdiensten wie Energie (Strom, Gas) oder Telekommunikation klare Grenzen bezüglich Quersubventionierungen gesetzt. Quersubventionierungen sind unzulässig, wenn Mittel aus monopolgeschützten oder nicht wettbewerblich organisierten Bereichen zur Finanzierung von Tätigkeiten in wettbewerblich organisierten Märkten verwendet werden oder die Quersubvention nicht transparent ist. Während Strom- und Gaskunden jeweils separat für Netzbenutzung und Energiebezug zahlen müssen, bezahlen Fernwärmebezüger für den Energiebezug einen Pauschalbetrag ca. 17 Rp./kWh, der die Netzbenutzung mit einschliesst. Dabei wäre Transparenz dringend nötig, damit man weiss, welcher Betrag für die Amortisation des Fernwärmenetzes zur Verfügung steht.


1 Interpellation Nah- und Fernwärmenetz
2 BuA 2023_054 Interpellationsbeantwortung
3 Geschäftsbericht 2024, S. 26
4 Geschäftsbericht 2024, S. 11

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