Schlusspunkt: S-Bahn – neues „Rückgrat“ des ÖV

Die neue S-Bahn von Buchs nach Feldkirch wird von deren Fürsprechern aus Politik, Verkehrsclub und ihnen nahestehenden Organisationen als das neue «Rückgrat» des öffentlichen Verkehrs (ÖV) in Liechtenstein angepriesen. Schaut man nüchtern die Landkarte an, muss eine solche Aussage schon wundern, denn die Linienführung dieser S-Bahn deckt nur einen sehr kleinen Anteil des liechtensteinischen Siedlungsgebiets ab.
Für die alltägliche Attraktivität des ÖV ist entscheidend, wie leicht man diesen erreichen kann und wie direkt die Verbindungen sind. Geht man davon aus, dass ein Siedlungsgebiet vom ÖV als bedient betrachtet werden kann, wenn die Erreichbarkeit maximal 8 bis 10 Minuten Fussweg (500 Meter) beansprucht, dann decken die Linien 11 und 13 von Sargans/
Balzers nach Schaanwald/Feldkirch nahezu 50% des Siedlungsgebiets von ganz Liechtenstein ab. Diese beiden zentralen Linien bedienen zudem einen beträchtlichen Teil des Pendleraufkommens von Sargans und Feldkirch. In gleicher Weise
decken die Linien 14 (Schaan–Feldkirch), 21 (Vaduz–Triesenberg) oder 32 (Bendern–Ruggell–Schellenberg) bestenfalls je
10% des Siedlungsgebiets ab. Diese Abschätzungen stimmen weitgehend mit den von LIEmobil in ihren Geschäftsberichten genannten Fahrgastzahlen überein, wenn diese prozentual zur gesamten Fahrgastzahl genommen werden.
Macht man dieselbe Betrachtung für die S-Bahn von Buchs nach Feldkirch und berücksichtigt dabei, dass die Haltestellen wesentlich weiter voneinander entfernt sind als bei den Buslinien und somit die Erreichbarkeit weit schlechter ist, so
ergibt sich eine Bedienung von weit weniger als 10% des Siedlungsgebiets. Wie vor diesen Gegebenheiten bei dieser
S-Bahn je im Ernst von einem neuen «Rückgrat» des ÖV in Liechtenstein gesprochen werden kann, ist schon mehr
wunderlich. Einzig für ÖV-Pendler aus Feldkirch oder Buchs nach Schaan bis gar nach Vaduz hätte ein solcher Ausdruck
teilweise gewisse Berechtigung, wobei Letztere aber auch wieder auf das wahre Rückgrat des ÖV, die Hauptlinien der
LIEmobil-Busse, umsteigen müssen. Auf der Eisenbahnlinie Feldkirch–Buchs wird seit über 20 Jahren eine Pendler-SBahn zu den Hauptverkehrszeiten betrieben. Wenn angeblich ein derart grosses Bedürfnis für eine ganztägig betriebene S-Bahn bestände, wieso fahren dann nicht schon längst Züge auch tagsüber und abends auf diesen heute sicher nicht überlasteten Gleisen? Die Züge sind ja offensichtlich vorhanden und verfügbar, wenn diese heute schon zu Hauptverkehrszeiten verkehren und folglich den Rest des Tages unbenutzt sind.
Vielleicht geht es beim Ausbau der S-Bahn gar nicht so sehr um den ÖV in Liechtenstein, sondern um einen Trasse-Ausbau für ganze andere Züge als eine S-Bahn. Diese Trasse führt im Land aber mitten durch ein dichtbesiedeltes Wohngebiet
und kreuzt an neun Niveauübergängen öffentliche Strassen, vier davon sind starke befahrende Hauptverkehrsachsen.
Heute schon absehbar, wird dieses neue «Rückgrat» wohl von einem «Dauer-Hexenschuss» mit zusätzlichen Staus auf
der Strasse verfolgt werden und so das ganze Verkehrskonzept mehr behindern als ihm nützen.

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