eGD-Gesetzesinitiative: Fragen und Antworten

WORUM GEHT ES BEI DIESER GESETZESINITIATIVE?

Es geht darum, dass ein elektronisches Gesundheitsdossier (eGD) für eine Person nur dann eröffnet werden darf, wenn diese ihre explizite Zustimmung erteilt (= Opt-in). Per 1. Januar 2023 erhielt jede in Liechtenstein krankenversicherte Person automatisch ein eGD. Der Staat agierte in dieser intimen bzw. höchstpersönlichen Angelegenheit ohne Zustimmung der betroffenen Personen über deren Köpfe hinweg. Wer das eGD nicht will, muss aktuell Widerspruch einlegen (= Opt-out). Heute wird für jedes neugeborene Kind automatisch ein eGD eröffnet. Eltern, die das nicht wollen, müssen für ihr Neugeborenes Widerspruch machen. Nachdem keine explizite Zustimmung erfolgte, ist vielen Personen gar nicht bewusst, dass für sie ein eGD existiert.

IST DAS JETZIGE GESETZ IM EINKLANG MIT DEM DATENSCHUTZ?

Im Datenschutz gilt das Prinzip «Privacy by Default» (Standardmässiger Schutz der Privatsphäre): Das Prinzip «Privacy by Default » bedeutet, dass prinzipiell alles verboten ist, was eine Person nicht ausdrücklich erlaubt. Die nationale Gesetzgebung ermöglichte die praktizierte Art. Allerdings wurde im Zuge der Gesetzesvernehmlassung der Hinweis des Datenschutzexperten in Bezug auf die Verfassungsmässigkeit und die fehlende Verhältnismässigkeitsprüfung ignoriert. Die Initianten möchten deshalb die Opt-in-Lösung im Gesetz verankern.

WARUM KÖNNEN UNTER DER JETZIGEN GESETZESLAGE HÖCHSTPERSÖNLICHE GESUNDHEITSDATEN OHNE EXPLIZITE ZUSTIMMUNG VERARBEITET WERDEN?

Die Regierung hat sich hier einer «Hintertüre» der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bedient. Der Datenschutz kann ausnahmsweise ausgehebelt werden, wenn ein erhebliches öffentliches Interesse im Sinne der DSGVO besteht. Das öffentliche Interesse hat die Regierung in einer Verbesserung der Versorgungsqualität sowie einer Effizienzsteigerung gesehen. Ob dieses öffentliche Interesse höher als der persönliche Datenschutz zu gewichten ist, ist eine offene Frage, zumal weder eine Effizienzsteigerung oder eine Verbesserung der Versorgungsqualität nachgewiesen ist.

DÜRFEN AUCH GENETISCHE DATEN VERARBEITET WERDEN?

Grundsätzlich ist die Verarbeitung von genetischen Daten gemäss DSGVO (Art. 9, 1) untersagt. Die nationale Gesetzgebung machte es aber möglich. Wer seine genetischen Daten aus der Hand gibt, nimmt damit auch Folgen für Verwandte, Kinder, Enkelkinder etc. in Kauf. Es geht ein Diskriminierungspotential einher und es können nicht wiedergutzumachende Schäden entstehen.

IST DER ZUGANG ZUM EGD FÜR JEDERMANN GEWÄHRLEISTET?

Der eGD-Einstieg verlangt zwingend die eID (digitale Identität). Somit werden nicht-digitale Menschen diskriminiert. Dadurch ist es auch nicht allen Menschen möglich, die Datenhoheit selbstständig auszuüben. 

SIND DIE IM EDG GESPEICHERTEN DATEN SICHER?

«Eine 100 %ige Datensicherheit gibt es nie und nirgendwo.» Diese Aussage ist auf der Website der Landesverwaltung zu finden. Man bedenke, dass heutzutage sogar Hochsicherheitssysteme gehackt werden. Umso wertvoller der Datenschatz, umso lukrativer der Hackerangriff. Gesundheitsdaten und genetische Daten sind bei Hackern sehr begehrt.

KANN MIT DEM EGD DIE EFFIZIENZ DES GESUNDHEITSWESENS GESTEIGERT WERDEN?

Die Regierung behauptet das. So sollen beispielsweise Doppelbehandlungen vermieden werden können. Das klingt für den Laien gut. In Wirklichkeit veralten medizinische Daten sehr schnell. Wenn ein Patient ein akutes Problem hat, wird der behandelnde Arzt sich nicht auf Monate alte Diagnoseresultate verlassen können, sondern erneut Laboruntersuchungen in Auftrag geben. Zudem muss man sich bewusst sein, dass der Arzt für die Pflege des eGD mehr Zeit benötigt, die von der Behandlungszeit abgeht. Wer glaubt, dass der Aufwand mit dem eGD geringer wird und die Gesundheitskosten sinken, der wird bitter enttäuscht werden. Ebenso kann der eGD-Inhaber Daten eigenständig ein-/ausblenden. Dadurch ist die Vollständigkeit nicht sichergestellt.

GEMÄSS REGIERUNG IST DER NUTZEN DES EGD NUR BEI EINEM FLÄCHENDECKENDEN EINSATZ GEGEBEN. STIMMT DAS?

Diese Aussage ist in sich widersprüchlich. Ein persönliches Gesundheitsdossier muss für die einzelne Person von Nutzen sein. Warum dieser Nutzen nur eintreten soll, wenn auch möglichst viele andere Versicherte das Dossier benutzen, ist mehr als schleierhaft.

WIE KÖNNTE DAS EGD HELFEN, DIE KOSTENEFFIZIENZ DES GESUNDHEITSWESENS ZU STEIGERN?

Mit der zentralen Sammlung von Gesundheitsdaten wird der Krankenversicherte «gläsern». Dadurch könnte die Freiheit des Patienten und Arztes bzgl. Medikamenten- und Therapiewahl eingeschränkt werden. Wenn Doppelbehandlungen vermieden werden sollen, dann könnte zukünftig von oben herab bestimmt werden, dass die gleiche Untersuchung innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht noch einmal gemacht werden darf. Damit würde man direkt in die Tätigkeit des Arztes und das Recht des Patienten auf freie ärztliche Behandlung eingreifen.

VIELE KRANKENVERSICHERTE SIND DER AUFFASSUNG, DASS DAS EGD INSBESONDERE BEI EINEM AKUTEN NOTFALL VON GROSSEM NUTZEN IST. STIMMT DAS?

In einem akuten Notfall hat der behandelnde Arzt keine Zeit, das Gesundheitsdossier zu studieren. Er könnte zwar im Dossier von gewissen Vorerkrankungen erfahren, oder dass dem Patienten gewisse Medikamente verschrieben wurden, allerdings weiss er nicht, ob der Patient diese Medikamente auch eingenommen hat. Man muss wissen, dass selbst im Notfall die Blutgruppe bestimmt wird und im Falle einer akut lebensbedrohlichen Situation die für alle verträgliche Blutgruppe 0 übertragen wird. Infos: https://www.usz.ch/unverzichtbare-laborleistungen/

IST DAS EGD MIT DEM SCHWEIZER PATIENTENDOSSIER KOMPATIBEL?

Nein. Liechtenstein hat sich für die Anlehnung an die österreichische ELGA entschieden, obwohl schwerpunktmässig mit Schweizer Spitälern zusammengearbeitet wird.

WIEVIEL KOSTET DER BETRIEB DES EGD PRO JAHR?

Für das Jahr 2024 sind inklusive den wiederkehrenden Kosten CHF 370’000.- budgetiert; in diesem Betrag sind die internen Personalkosten jedoch nicht enthalten. Es ist also mit Kosten von einer halben Million Franken oder mehr auszugehen. Tendenz, wie immer, steigend.

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