«Revitalisierungen» und Hochwassersicherheit am Rhein

Kürzlich hielten Umweltverbände aus Liechtenstein und der Schweiz eine volksfestliche Veranstaltung am südlichsten Ende unseres Landes am Rhein in Balzers ab, bei dem das Hauptthema die politische Werbung für Flussaufweitungen als «Revitalisierung» des Rheins war. Auf Liechtensteiner Staatsgebiet wären vier solche Aufweitungen von je rund 1-3km Länge in Balzers, Vaduz, Eschen und Ruggell vorgesehen. Der bestehende Rheindamm würde in Abschnitten aufgebrochen und bis zu über 100m landeinwärts verschoben wieder neu aufgebaut werden. Neben der biologischen «Revitalisierung» des Flusslaufs wird versprochen, diese Gebiete als neue Naherholungsgebiete ins Rheinbett für alle zugänglich zu machen. Am konkretesten scheinen Planungen für einen 3km langen Abschnitt in der Eschner-Au zwischen Schaan und Bendern fortgeschritten zu sein, ja sogar stattliche Teile eines Walls sind landeinwärts bereits erstellt worden, die wohl zu einem zurückversetzten Rheindamm werden sollen. Konkrete Ausführungen dazu im untenstehenden Artikel von Herbert Elkuch und Erich Hasler.

Der heutige über 100-jährige Rheindamm weist gemäss Amt für Bevölkerungsschutz an bestimmten Abschnitten gewisse Schwachstellen im Hochwasserschutz auf, die einem statistisch einmal in 300-Jahren auftretenden Extremhochwasser wahrscheinlich nicht voll standhalten würden. In Anbetracht dieses Rest-Risikos sieht die Regierung eine gezielte Sanierung dieser Dammabschnitte über die nächsten 20 Jahre vor. Gemäss den Umweltverbänden sollen gleichzeitig dazu die Flussaufweitungen zur «Revitalisierung» des Rheinlaufs gemacht werden, weil diese nach Vorstellung von Umweltverbänden angeblich auch dem Hochwasserschutz dienen sollen. Geht man der Frage nach, wo denn diese Abschnitte mit Schwachstellen im bestehenden Rheindamm konkret sind, stellt sich heraus, dass die vorgesehenen Flussaufweitungen gar nicht in solchen Abschnitten zu liegen kämen, sondern weitgehend in unkritischen Bereichen des heutigen Rheindamms. Dies gilt im Bereich der Eschner Au, aber auch in Balzers und Ruggell. Für den Bau dieser Flussaufweitungen würde man also unnötig voll intakte Abschnitte des Rheindamms abbrechen. Einzig in Vaduz würde ein schwächer eingestufter Bereich teilweise mit einer vorgesehenen Flussaufweitung zusammenfallen. Allerdings müssten für diese grosse Flächen von heute bestem Kulturland geopfert werden.

In einer Landtagsdebatte im letzten Herbst zum Thema Flussaufweitungen wurde von Befürwortern der Freien Liste versucht, den Landtag in Zugzwang zu setzen, mit dem Verweis auf geplante Flussaufweitungen im unteren Rheintal, die mit dem Projekt «Rhesi» zur in dem Rheinabschnitt akuter notwendigen Verbesserung der Hochwassersicherheit erstellt werden sollen. Dabei wurde angeführt, dass in Kürze mit dem Bau dort begonnen werde und Liechtenstein solle nicht wieder mit solchen Zukunftsprojekten hintenan stehen. Wie sich im Laufe des letzten Winters aber herausstellte, sind im unteren Rheintal eine Vielzahl von Einsprachen von Betroffenen hängig. Bei diesen geht es keineswegs um Beeinträchtigungen durch die Aufweitungen und Dammverstärkungen zum besseren Hochwasserschutz, sondern um Einsprachen zu Forderungen von Umweltverbänden im Zusammenhang mit «Revitalisierungen» des Rheinlaufs. Die Landwirte müssten rund 80% des bisher bewirtschafteten Kulturlands im Bereich der Aufweitungen aufgeben, ohne Zusicherung von gleichwertigem Real-Ersatz. Die Umweltverbände fordern weiter die Aufgabe von seit Langem bestehenden und aufgrund der Rheinnähe sehr ergiebigen Grundwasser Fassungen, weil diese die «Revitalisierungen» stören würden. Sie haben bereits angekündigt, dass sie ihre Forderungen durch alle Instanzen bis zum höchsten Schweizer Bundesgericht weiterziehen werden. Unter diesen Umständen ist es absehbar, dass es noch Jahre dauern wird, bis zu einem möglichen Baubeginn. Mit der wenig kompromissbereiten Politik der Umweltverbände wird die notwendige und unbestrittene Verbesserung der Hochwassersicherheit unnötig verzögert und das untere Rheintal damit weiter einem latenten Hochwasserrisiko ausgesetzt bleiben.

In Liechtenstein ist alles andere als Aktionismus im Zusammenhang mit Flussaufweitungen angesagt. Vielmehr sollte die Regierung die Sanierung des bestehenden Rheindamms zur Verbesserung der Hochwassersicherheit zügig angehen, wohlweislich aber unabhängig von «Revitalisierungs»-Projekten, um nicht ebenso in langwierige Verzögerungen zu geraten, die dem Fortschritt im eigentlichen Zweck der verbesserten Hochwassersicherheit nur abträglich sind.

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