AHV-Revision: Sanierung oder Schönfärberei

Im Gegensatz zur AHV der Schweiz besitzt unsere AHV hohe Reserven. Diese Reserven verleiten dazu, die tatsächliche Lage der AHV falsch einzuschätzen. Wenn über die Verhältnisse gelebt wird, werden im Laufe der Zeit auch grosse Vermögen aufgezehrt. Der nachfolgende Artikel ist eine kritische Betrachtung der Vorgänge rund um die AHV.

Rascher Abbau der AHV-Reserven Seit dem Jahr 2003 liegen die Beitragseinnahmen in jedem einzelnen Jahr tiefer als die Ausgaben der AHV. Das Umlagendefizit hat sich mittlerweile auf rund 44 Mio. pro Jahr ausgeweitet und wird sich noch weiter ausweiten.

Folglich haben sich die AHV-Reserven seit dem Jahr 2000 um 4,23 AHV-Jahresausgaben verringert. In Zahlen ausgedrückt, bedeutet dies einen Abbau der Reserven um insgesamt 1,13 Mrd. (=1 130 000 000) Franken (= Jahresausgabe im Jahr 2015 = 270,98 Mio. mal 4,23 AHV-Jahresausgaben).

Die Einnahmen der AHV im Jahr 2015 aus Beiträgen und Kapitalertrag, aber ohne Staatsbeitrag, betrugen 195.33 Mio. Die Differenz zu den 270,98 Mio. Rentenauszahlungen (= AHV-Jahresausgabe) beträgt 75.65 Mio. Diese Differenz wurde mit 50 Mio. vom Staat (=Steuergelder) und 25,65 aus dem AHV-Vermögen ausgeglichen.

Es besteht Handlungsbedarf
Wenn die Beitragsätze nicht an die ständig steigenden Ausgaben angepasst werden, wird es irgendwann unmöglich sein, das heutige, jährliche Umlagen-Defizit im zweistelligen Millionenbereich und dazu noch die jetzt schon fehlende Summe von den letzten Jahren im dreistelligen Millionenbereich auszugleichen.

Was wurde beschlossen?
Nicht viel. Im Wesentlichen: ein Jahr länger arbeiten, eine minimale Beitragserhöhung von 0,3% und ein Staatsbetrag von 30 Mio.

Verfehlte AHV-Revision
Die paar beschlossenen Massnahmen beheben die Deckungslücke nicht. Die Entwicklung des Umlagedefizits kann mit dem vom Landtag beschlossenen Massnahmenbündel bis 2030 auf weit über 100 Mio. pro Jahr ansteigen. Dies bei einer normal verlaufenden Wirtschaftslage.

Antrag auf Beitragserhöhung abgelehnt
Nachdem relevante Punkte, die zur Verbesserungen der Situation der AHV beigetragen hätten, aus der Regierungsvorlage herausgenommen wurden, stellte ich in der zweiten Lesung einen Antrag für eine Beitragserhöhung um 0,5% anstatt der von der Regierung vorgeschlagenen 0,3%. Die Mehrheit der Abgeordneten lehnte den Antrag ab. Da die du-Fraktion einer Scheinlösung nicht zustimmen konnte, stand in einer Landeszeitung, dass die du-Fraktion sich «trotzig» gezeigt haben. Es gilt jedoch als sicher, dass die AHV-Ausfinanzierung, die zwischen Generationen zu erfolgen hat, eine weit grössere Dimension hat als die Sanierung der staatlichen Pensionskasse. Alle Bürger sind betroffen und insbesondere die jüngeren Generationen.

Wer bezahlt zu geringe AHV-Beiträge?
Der Anteil der Lohnsumme, welcher aufgrund der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung den Zupendlern zugerechnet wird, ist im Jahr 2013 auf rund 45 % angestiegen. 96.8% der vereinnahmten Beiträge der AHV stammen aus Löhnen. Das Umlagendefizit im Jahr 2015 von knapp 44 Mio. Franken ist demnach zu 96% den zu tiefen Beiträgen aus Lohn zuzuordnen. Die Lohnsumme besteht aus 55% Inländer- und 45% Ausländeranteil. Daraus folgt, dass die Liechtensteiner 23,3 Mio. und die Zupendler 19 Mio. zu wenig Beiträge bezahlten, um ein ausgeglichenes Umlagenergebnis zu erreichen, das für die Rentenzahlungen ausgereicht hätte. Im Jahr 2015 hätte für ein ausgeglichenes Umlageergebnis aus Beiträgen der AHV-Beitragssatz 9,3% sein müssen, anstatt wie gehabt 7,8%.

Rentenexport und unterschiedliche Kaufkraft
34% oder rund CHF 92 Mio. von den im letzten Jahr ausbezahlten CHF 270,98 Mio. wurden an Rentner mit Wohnsitz im Ausland ausbezahlt. Dies bedeutet, dass rund CHF 25 Mio. inländische Mittel aus Staatsbeitrag und AHV-Vermögen nötig waren, um die ausländischen Renten bezahlen zu können (ca. 16,5 Mio. aus dem Staatsbeitrag und ca. 8,5 Mio. aus dem AHV-Vermögen). Dabei wurde das derzeitige AHV-Vermögen zu 86% aus inländischen Mitteln (inländische Beitragszahler und Steuergelder) zusammengespart, würde also eigentlich den Inländern gehören.

Liechtenstein ist ein Hochpreisland. Mit den exportierten Renten lässt es sich im Ausland sehr viel besser leben als hier bei uns. Wenn man das Bruttoinlandprodukt pro Kopf (BIP) in den Empfängerländern mit dem Bruttonationaleinkommen pro Kopf (BNE) in Liechtenstein vergleicht, hat die AHV-Rente in Deutschland den doppelten Wert, in Spanien den vierfachen, in der Slowakei den 7-fachen und in Rumänien und Türkei mehr als den 10-fachen Wert.

Die Ausfinanzierung bei einmal verbrauchten Vermögen
Wenn die Beiträge dauerhaft zu tief sind, in der Summe über die Jahre dann hunderte von Millionen Franken fehlen werden, dann hat das in der speziellen Konstellation Liechtensteins eine fatale Auswirkung auf das Umlageverfahren. Der Anteil Fehlbetrag, der zurzeit zu rund 45% auf zu tiefe Beiträge der Zupendler zurückzuführen ist, muss auch ausfinanziert werden. Ausser auf Lohnabzüge, welche stets für Inländer und Zupendler gleich sein werden, kann der Zupendler nicht für eine Ausfinanzierung belastet werden. Eine Ausfinanzierung oder Sanierung muss mit inländischen Mitteln erfolgen, um den Rentnern, die im Ausland wohnen, die AHV-Rente bezahlen zu können.

Ungewisse Zeiten für die AHV
Kommen einmal die zuwanderungs- und geburtenstarken Jahrgänge in Pension, erhöhen sich die Ausgaben für Renten noch einmal enorm. Bis in fünfzehn Jahren werden sich die Rentenzahlungen ungefähr verdoppeln.

Die AHV ist keine Sparkasse, sondern eine Versicherung im Umlageverfahren. Das bedeutet: Die Renten müssen mit den jeweilig eingehenden Beiträgen von der aktiven Bevölkerung bezahlt werden (Generationenvertrag).

Ein Wirtschaftswachstum und eine künftige Beschäftigung auf hohem Lohnniveau sind nicht garantiert. Eine Wirtschaftskrise kann eine Abwanderung der Grenzgänger bewirken. In diesem Fall fehlen die ausländischen Beitragszahler für das AHV-Umlagesystem mit hohem ausländischem Rentneranteil. Bei einem Rückgang der ausländischen Beschäftigten müssen die im Erwerbsleben stehenden Liechtensteiner nicht nur die Renten in Liechtenstein, sondern dazu noch die Renten für die Ausländer finanzieren. Dabei ist zu beachten, dass bereits jetzt mehr Rentenbezüger (63,2%) im Ausland wohnen als in Liechtenstein.

«Überfremdung» in der AHV
Aufgrund der starken «Überfremdung» in der AHV müssen in Zukunft Inländer und Ausländer viel mehr getrennt betrachtet und bewertet werden, und zwar weil der Prozess in einem Umlageverfahren für Versicherte im Inland und für Versicherte im Ausland unterschiedlich abläuft. Die Hebelkräfte für Inland- und Auslandversicherte sind unterschiedlich und entsprechend muss der Drehpunkt verschoben werden bis ein Gleichgewicht erreicht wird. Das Kollektiv Inländer und Kollektiv Ausländer muss einzeln für sich in der Lage sein, jederzeit die AHV-Renten in ihrem Kollektiv dauerhaft selbst zu finanzieren.

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