Das Post-Debakel

Mit dem eBusiness wollte die Post das schwindende Geschäft mit der Briefpost kompensieren, damit die Post es sich leisten kann, bis in alle Zukunft die Briefe in den hintersten Winkel des Schellenbergs und des Triesenbergs zu verteilen. Die Regierung hat zugesehen, wie ihre Parteifreunde im Post-Verwaltungsrat zwei Unternehmen im Ausland erwarben, nachdem sie bereits zuvor mit einer fehlgeschlagenen Zusammenarbeit ca. CHF 2,6 Mio. in den Sand gesetzt hatten. Die Post-Führung glaubte, das fehlende Know-How durch Firmenakquisitionen holen zu können und engagierte dazu eine Heerschar von Beratern. Das Projekt eBusiness vernichtete schlussendlich rund CHF 23.1 Mio!

Landeszeitungen wollen keine Transparenz
Wenig erstaunlich ist, dass die Parteizeitungen sich nicht darum bemühten, die pikanten Details aus dem PUK-Bericht zu verbreiten. Dies hängt damit zusammen, dass die Besetzung der Schlüsselpositionen in den staatlichen Unternehmen vor allem «verdienten VU/FBP Parteigängern» zugeschanzt wurden. Seit Beginn des 23 Mio.-teuren e-Desasters fordern die Unabhängigen die Regierung auf, die Verantwortlichen im ehemaligen Verwaltungsrat (Bruno Güntensberger, Gerald Marxer, Johannes Matt, Thomas Lorenz, Beat Christen, Adolf Real und Pascal Koradi) und in der ehemaligen Geschäftsleitung (Herbert Rüdisser und Stefan Schwendimann) zur Verantwortung zu ziehen.

Regierung will die Verantwortlichen kaum ernsthaft verfolgen
Dies zeigt sich bereits an der Beauftragung von Rechtsanwalt Dr. Peter Wolff als Vertreter der Regierung, der für ungefähr 106 Stunden CHF 55‘000.- in Rechnung stellte. Dabei vertrat dieser gleichzeitig noch einen früheren Verwaltungsrat der Post. Weder Rechtsanwalt Wolff noch die Regierung haben in der Doppelvertretung Interessenkonflikte gesehen. Dies kann nur heissen, dass es der Regierung nicht ernst damit ist, frühere Verwaltungsräte zur Rechenschaft zu ziehen, obwohl diese im Zuge der PUK-Debatte zugesagt hat, Verantwortlichkeitsklagen prüfen zu wollen. Dies ist nur ein weiterer Beweis für den im Lande vorherrschenden Polit-Sumpf.

VR-Honorare und Boni zurückfordern!
Ich habe im Landtag vorgeschlagen, dass sich die Regierung mit den Verantwortlichen auch aussergerichtlich einigen könnte, indem sie z.B. von den verantwortlichen Verwaltungsräten die bezogenen VR-Honorare für die Jahre 2009 bis April 2015 zurückfordert. Diese haben in der fraglichen Zeit ca. CHF 1,2 Mio. kassiert. Von der ehemaligen Geschäftsleitung könnte die Regierung die Boni in diesem Zeitraum zurückfordern. Wenn die verantwortlichen Personen Rückgrat haben, dann werden sie selber eingestehen müssen, dass die VR-Honorare und Boni angesichts der zu verantwortenden Fehlleistungen und Verluste nicht als verdient betrachtet werden können. Es wird sich zeigen in wie weit sich die Regierung hier aktiv werden wird, oder ob sie sich weiterhin schwer tut ihre «Parteifreunde» zu sanktionieren.

Honigtopf Post: Die-Berater und ihre Honorare
Weder im Verwaltungsrat noch in der Geschäftsleitung waren Personen mit Fachkenntnissen im Bereich Software und eSolutions. Demzufolge waren die Postverantwortlichen nicht in der Lage, eigenständige Entscheidungen mit der nötigen Treffsicherheit zu fällen. Die Post war vollständig auf externes Fachwissen angewiesen.

Dr. Pascal Sieber & Partners AG       123’491.53
Patrick Kranz, Axalo                           152’505.05
FLZ-Anstalt                                           21’600.00
Wolff Gstoehl Bruckschweiger                4’770.92
Alfred Jäger                                           43’633.12
Frick & Partner Rechtsanwälte AG        28’291.60
DHPG Berlin GmbH                              47’671.70
Gehrke Zumbroich & Partner              118’728.67
Dachcom Digital AG für ePost              62’031.40
Bruno Koch, Billentis GmbH                 15’064.00
Solid Ground                                        43’950.00
Swiss IT Management AG                   81’776.00
KMPG Alpen-Treuhand, Linz              39’972.54
KMPG Austria                                     12’622.32
PwC Oberösterreich                            22’594.05
ReqPool GmbH                                   15’297.15
Saxinger Chalupsky & Partner          141’198.44
Creativemedia AG                                 2’419.20
Löwenfels Partner AG                         69’847.95
Software for Corporate Leaders        328’320.00
Werner Wild Consulting                        5’507.10
Booxs B.V.                                          83’331.29
PrivaSphere AG                                    3’766.00
Quo Vadis                                         716’876.30
Swiss IT Management                        66’109.44
Lobster GmbH                                    16’802.36
Total                                               2’477’039.93

Dr. Sieber & Partner AG
Nachdem Wirtschaftsminister Martin Meyer von Stefan Schwendimann und Patrick Kranz als Aufsichtsräte der DIG abriet, schlug er Pascal Sieber vor; daraufhin hat der Post Verwaltungsrat Pascal Sieber in den Aufsichtsrat der DIG Linz bestellt. Sieber kassierte dann nicht nur als Aufsichtsrat Honorare (EUR 2000 pro Sitzung, zuzüglich Spesen), sondern verkaufte gleich noch weitere Beratungsdienstleistungen an die Post (total CHF 123‘491.53, siehe weiter oben).

CHF 498‘991 Honorar in zwei Jahren
Peter Beck, der scheidende CEO der Post, übernahm per 1. Januar 2014 die Verantwortung für den eBusiness-Bereich, nahm dann aber nach dem Abgang von Bernhard Elkuch sofort die Beratungsdienste der Pascal Sieber & Partner AG in Anspruch, weil auch er vom eBusiness nichts verstand. Friedrich Baumann, ein Mitarbeiter der Pascal Sieber & Partner AG, betreute die DIG als sogenannter Interims-Manager ab April 2014. Für die Beratungsdienstleistungen stellte die Pascal Sieber & Partner AG der DIG in zwei Jahren insgesamt CHF 498‘991 in Rechnung. Es ist also nicht verwunderlich, dass die DIG, die in den besten Zeiten gerade mal ein paar zehntausend Euro Gewinn erzielte, tiefrote Zahlen schrieb. Delikates Detail: Friedrich Baumann von Sieber & Partner hat sich am Management-Buyout beteiligt und ist jetzt Mitinhaber der DIG. Diese dürfte sich bereits von der Post erholt haben und sucht bereits wieder Mitarbeiter.

Axalo AG
Der Berater Patrick Kranz und dessen Axalo AG, die eine der Dauerauftragnehmerinnen des Landes ist, wurde der Post durch Peter Beck empfohlen, der damals der engste Mitarbeiter von Regierungschef Klaus Tschütscher war. Patrick Kranz hat beim Kauf der DIG klare und eindeutige Aussagen zu IT-spezifischen Fragestellungen gemacht, ohne selber jedoch über entsprechendes Know-how zu verfügen. Patrick Kranz äusserte sogar, dass er selbst Geld in die DIG investieren würde. Eine klarere Kaufempfehlung kann ein Berater gar nicht abgeben. Er ortete zudem keinen weiteren Investitionsbedarf, obwohl die Software am Ende des Lebenszyklus angelangt war, wie sich bereits kurze Zeit nach dem Kauf zeigte.

Die Zusammenarbeit mit der io-market
Mit der io-market wurde eine Zusammenarbeit vereinbart. io-market erstellte die Software, die Post war für den Vertrieb der Dienstleistungen zuständig. Die Post war jedoch nicht imstande, ihren Part zu erfüllen. Die Schuld sah sie trotzdem beim Partner und nicht bei ihr selber. Mit Rechtsanwälten, Gefälligkeitsgutachten und der Androhung von jahrelangen Rechtsstreitigkeiten entzog sich der Postverwaltungsrat der vereinbarten Zahlungsverpflichtung von CHF 600‘000 und spies die io-market mit CHF 100‘000 ab. Diese geriet dadurch an den Rand des Ruins. Heute gehört die Firma zu den Top 3 Anbietern von elektronischen Dienstleistungen in der Schweiz.

Der Kauf der DIG
Die DIG besass nichts ausser einer Software und Kundenbeziehungen. Nur zwei der 14 Mitarbeiter hatten Arbeitsverträge. Der Aktionär Stefan Roggatz hatte in Deutschland einen Privatkonkurs hinter sich. Die Firmenautos der DIG waren in Deutschland eingelöst, um Steuern zu optimieren. Die Mitarbeiter der DIG waren familiär miteinander verbandelt. Der Verwaltungsrat beschloss trotzdem, den Kauf voranzutreiben. Der VR beschliesst auch, dass der Geschäftsführer der DIG, Michael Eisler, für vier Jahre mit einem nicht kündbaren Arbeitsvertrag gebunden werden sollte. Zu guter Letzt unterzeichnet er jedoch keinen Arbeitsvertrag. Der VRP Bruno Güntensberger will von alledem nichts gewusst haben, obwohl er bei der Unterzeichnung der Verträge anwesend und damit klar in der Verantwortung war.

e-Zustellplattform
Die Post wollte für das Land eine e-Zustellplattform programmieren. Das von der DIG Linz erstellte Produkt war jedoch unbrauchbar. Es musste von Grund auf neu und von einer anderen Firma erstellt werden. Verlust für die Post: CHF 750‘000.-.

Der Kauf der newtron
Die newtron war überschuldet. Der Kaufpreis mit insgesamt EUR 3,6 Mio. war überhöht. Die Schweizerische Post riet vom Kauf ab, aber der Finanzchef der Post, Schwendimann, leitete Informationen nur scheibchenweise an den VR weiter. Rüdisser wiederum überbrachte dem VR nur gefilterte und unvollständige Informationen vom DIG-Aufsichtsrat. Gerald Marxer meinte, dass er sich auf die Aussagen der Geschäftsleitung verlasse und für den Kauf der newtron sei, im schlimmsten Fall verliere die Post CHF 4 Mio., was die Post verkraften könne. Der Verwaltungsrat nahm den Kauf der DIG auf die leichte Schulter und riskierte leichtsinnig Volksvermögen.

Missachtung der Beteiligungsstrategie und buchhalterische Tricks
Mitte 2012 war klar, dass die Post ca. CHF 14 Mio. für die Ausfinanzierung der Pensionskasse (PVS) wird zahlen müssen. Damit war absehbar, dass das bis anhin angehäufte Eigenkapital der Post unter den vorgeschriebenen Wert von mindestens 30% der Bilanzsumme fallen würde. Ein Kauf der newtron hätte deshalb nicht mehr erfolgen dürfen. Trotzdem schritt die Regierung nicht ein. Der VR liess die Verpflichtung zur Ausfinanzierung der PVS zudem bewusst als Eventualverbindlichkeit und nicht als Rückstellung verbuchen. Mit diesem buchhalterischen Trick hat sich die Post die volle Entscheidungsfreiheit erhalten. Sie hat damit den Erwerb der newtron sowie der restlichen DIG Anteile und die vorzeitige Earn-out-Zahlung realisieren können.

Landtag und Öffentlichkeit hinters Licht geführt
Post-Führung und Wirtschaftsminister waren sich im Herbst 2014, als der Landtag über eine Bürgschaft beschliessen musste, darüber einig, dass die DIG verkauft werden sollte. Mit Susanne Ruoff, CEO der Schweizerischen Post, wurde vereinbart, keine Signale betreffend einen eventuellen Verkauf an den Landtag zu senden. Im Februar 2015 beschloss der VR der Post definitiv eine Strategieänderung, nämlich dass die Beteiligungen verkauft werden sollten. Damit hätten die Beteiligungen neu bewertet werden müssen. Trotzdem bestätigten VR-Präsident Güntensperger, Finanzchef Schwendimann und CEO Beck gegenüber der Revisionsstelle, dass keine Strategieänderung beschlossen worden sei.

Ziel war es, die Bilanz des Geschäftsjahrs 2014 in einem positiven Licht darzustellen, obwohl die Post in Tat und Wahrheit per 31. Dezember 2014 nur noch über ein konsolidiertes Eigenkapital von CHF 746‘000 verfügte und damit bilanziell überschuldet war.

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