Energieautark im Sommerhalbjahr?

Mit dem zunehmenden Ausbau der Photovoltaik (PV) wird vor allem im Sommerhalbjahr die Eigenversorgung gestärkt. Allerdings werden noch viele Jahre ins Land ziehen, bis im Sommerhalbjahr die Eigenversorgung mit PV durchgehend zu 100 % gedeckt werden kann. Unabhängig davon müssen aber früh Überlegungen zur Speicherung des PV-Stroms angestellt werden. PV-Strom steht nur tagsüber zur Verfügung. Für die Stromversorgung während der Nacht müsste tagsüber ein Überschuss produziert und zwischengespeichert werden.

Eine Möglichkeit der Zwischenspeicherung bietet ein sogenanntes Pumpspeicherkraftwerk. Im Saminakraftwerk ist ein Pumpspeicherkraftwerk integriert. Tagsüber könnte mit dem überschüssigen PV-Strom das Wasser aus der Kaverne beim Saminakraftwerk in den 830 Meter höhergelegenen Stausee Steg gepumpt werden. Die Kaverne im Felsen hat ein Volumen von 40’000 m3. Wenn die PV-Anlagen «gute Nacht» sagen, könnten theoretisch 40’000 Tonnen Wasser im Stausee Steg sein. Dieses Wasser kann in der Nacht wieder der Turbine im Saminakraftwerk zugeführt und zu Strom gemacht werden. Am nächsten Tag wiederholt sich das Spiel, sofern die Sonne scheint.

PUMPSPEICHERKRAFTWERK SAMINA IST ZU KLEIN

Hat unser Pumpspeicherkraftwerk genügend Kapazität oder müsste ein zusätzliches gebaut werden? Aus der Antwort zu meiner Kleinen Anfrage im Landtag kann errechnet werden, dass um den mittleren Stromverbrauch im Sommerhalbjahr zu decken, pro Tag dem Kraftwerk Samina aus dem Stausee Steg ca. 650’000 Kubikmeter Wasser zugeführt werden müsste. Damit ist klar, dass die Kapazität des bestehenden Speicherkraftwerkes bei weitem nicht ausreicht, auch wenn in der Nacht weniger Strom als am Tage gebraucht wird. Sowohl die Pumpen als auch die Kaverne sind zu klein. Die Pumpen leisten 1 m3/s. Um 40’000 m3 Wasser in den Stausee Steg zu pumpen, würden 11.2 Std. vergehen.

PUMPSPEICHERKRAFTWERK SAMINA ALS ÜBERGANGSLÖSUNG

Das Pumpspeicherkraftwerk wurde ursprünglich gebaut, um mit billigem Nachtstrom, z.T. aus Atomkraftwerken, Wasser in den Stausee Steg zu pumpen und während des Tages, insbesondere zur Mittagszeit, wieder in elektrischen Strom umzuwandeln, wenn die Strompreise sehr hoch sind. Dieses Geschäftsmodell ist heute nicht mehr aktuell. Aber für die Speicherung und den Ausgleich der Sonnen-Zufallsenergie und der Wind-Flatterenergie sowie für die Bereitstellung von Energie bei hohen Spitzenbelastungen im Netz ist das Pumpspeicherkraftwerk auch in Zukunft sicher wieder attraktiv. Dies auch, wenn die Leistungsfähigkeit und Speicherkapazität nur teilweise die Ansprüche erfüllen.

Bei fortschreitendem PV-Ausbau entstehen anfangs nur kleine Energieüberschüsse, die vermutlich mit dem vorhandenen Pumpspeicherkraftwerk problemlos für die Nacht eingespeichert werden könnten. Derzeit entstehen nur an wenigen Sommertagen für ein paar Stunden geringe Mengen Energieüberschüsse. Mit dem fortschreitenden PV-Ausbau wird sich dies stetig ändern. Für diese Übergangszeit könnte das bestehende Pumpspeicherkraftwerk über eine längere Zeit ausreichen.

RECHTZEITIGE PLANUNG IST DRINGLICH

Kraftwerke können nicht von heute auf morgen aus dem Boden gestampft werden. Es muss am besten gleich mit Projektstudien begonnen, resp. bestehende Projekte wieder aufgegriffen werden. Die LKW haben zwei öffentlich wenig bekannte, grössere Kraftwerk-Projekte – Samina 2 und Bad-Tobel – in der Schublade. Vielleicht lassen sich in diese Projekte Pumpspeicherkraftwerke integrieren.

In jedem Fall muss bzw. soll die Energiewende erfolgreich umgesetzt werden und schon jetzt über Speichermöglichkeiten ernsthaft nachgedacht werden. Die Erfahrung lehrt, dass die Umweltverbände Liechtensteins sich mit allen Mitteln gegen die klimafreundlichste Energie, die Wasserkraft, zur Wehr setzen werden.

ENERGIE IST AUCH EINE PREISFRAGE

 

Der Betrieb eines Pumpspeicherkraftwerks kostet Geld und verteuert den Strom infolge der Betriebskosten und den Verlusten durch die zweimalige Änderung der Energieform (elektrische Energie in statische Energie und umgekehrt). Um wie viel erhöht sich der Preis pro Kilowattstunde, der mit dem Pumpspeicherkraft erzeugt wird? Diese Frage beantwortet die Regierung wie folgt: Der Kreislaufwirkungsgrad, d.h. das Hochpumpen von Wasser mit anschliessendem Turbinieren, beträgt ca. 70%. Somit verteuert sich der Strom um ca. 40%. Das ist, aus meiner Sicht im Verhältnis zu anderen Speichermöglichkeiten ein günstiger Preis. Die Stromkosten müssen für die Wirtschaft und Private kalkulierbar sein, eine Preiserhöhung um das Dreifache, wie jüngst wegen der grossen Auslandabhängigkeit geschehen, sollte in Zukunft möglichst vermieden werden. Das ist aber nur mit einer besseren Energie-Eigenversorgung sichergestellt

STAUSEE STEG: IN 4.8 STUNDEN LEER

Die erneuerbaren Energien Sonne und Wind ermöglichen keine durchgehende Stromversorgung. Sollen die Stromlücken nicht mit thermischen oder atomaren Kraftwerkengeschlossen werden, sind Speichermöglichkeiten mit genügend grossen Stauseen notwendig, auch als Ergänzung zu anderen Speichermöglichkeiten. Hochdruckkraftwerke, wie die Samina und Lawena, können ihre Leistung sehr schnell verändertem Strombedarf anpassen. In der Beantwortung meiner kleinen Anfrage wird ausgeführt, dass das maximale Volumen des Stausees im Steg etwa einen Fünftel des Energieverbrauchs eines durchschnittlichen Sommertages decken kann. Das heisst, der Stausee Steg wäre in 4,8 Stunden leer, wenn der Strombedarf des Landes mit dem Wasser aus dem Stausee gedeckt werden sollte. Nicht gerade erbauend. Nicht nur der Stausee, auch die Leistung der Turbinen wäre zu klein. Der Stausee hat eine durchschnittliche Tiefe von 4 Metern. Eine Verbesserung wäre beispielsweise, ihn tiefer auszubaggern.

 

 

WINTERSTROM IST UM EIN VIELFACHES KOSTBARER ALS SOMMERSTROM

Das Samina- und das Lawenakraftwerk produzieren im Sommerhalbjahr mehr Strom als im Winter. Besser wäre umgekehrt. Das Einzugsgebiet der Zuflüsse liegt über 1200 Meter Seehöhe. Auf dieser Höhe wird der Niederschlag im Winter in Form von Schnee und Eis gebunden. Im Frühjahr und Sommer gibt die Natur das Wasser frei. Mit einer Kleinen Anfrage im Landtag wollte ich erfahren, wie gross der Stausee Steg sein müsste, damit das zufliessende Wasser im Sommerhalbjahr für die Winterstromproduktion zurückgehalten werden kann – im Wissen – dass der Stausee überdimensional sein müsste und nicht verwirklicht werden kann.

Die Antwort der Regierung auf diese Frage: Im Jahr 2021 lag der Zufluss in den Stausee Steg von März bis Oktober bei 28 Millionen Kubikmeter. Um dieses Volumen zu speichern, müsste der Walensee etwa 1.15 Meter aufgestaut werden. Ergänzend dazu: Der Stausee der Kraftwerke Sarganserland AG, Pfäfers hat ein Speichervolumen von 33.4 Mio. Kubikmeter und ist 3 Kilometer lang. Die Staumauer wurde 1976 gebaut. Integriert ist das Pumpspeicherkraftwerk der Kraftwerke Sarganserland (KSL). Diese Grössenordnung würde passen, um im Sommerhalbjahr den Zufluss des Steger Stausees auf das nächste Winterhalbjahr einzulagern. Für Liechtenstein aber ein paar Nummern zu gross.

SPEICHERN IST DIE ZWEITBESTE LÖSUNG

Es ist von Vorteil, den mittels Fotovoltaik erzeugten Strom möglichst unmittelbar vor Ort oder im Netz zu nutzen.

Das bedingt ein Umdenken: Die Waschmaschine, den Boiler, die Wärmepumpe nutzen und das E-Auto laden usw. sollte tagsüber geschehen. Noch ist aber der Nachtstrom günstiger. Auf die Frage, wie viel die LKW für die uneingeschränkte Nutzung privater Batteriespeicher pro Kilowattstunde ein- und ausgespeicherter Energie vergüten würden, antwortete die Regierung, dass es aktuell keine Preismodelle der LKW für die Vergütung der Nutzung von Kleinspeichern in privaten Haushalten gibt. Das Thema wird in Zukunft durch die Möglichkeit des bidirektionalen Ladens von Elektrofahrzeugen und der Nutzung der Fahrzeugbatterie zu Netzstabilisierungszwecken jedoch relevant werden. Im Rahmen der Umsetzung des vierten EU-Energiepakets werden hierzu Regelungen geschaffen werden. Muss das die EU mit dem vierten Energiepaket regeln? Ist unser Land nicht in der Lage, eine auf unsere Verhältnisse zugeschnittene Lösung auszuarbeiten?

 

 

WASSERKRAFT IM BINNENKANAL 

Die Nutzung des Binnenkanals – mit zusätzlicher Speisung mit Wasser aus dem Rhein – könnte ein weiterer Beitrag zur Versorgungssicherheit sein. Das Einzugsgebiet liegt unter 800 Meter, somit sind auch die Niederschläge im Winter nutzbar, da diese vornehmlich in Form von Regen anfallen. Die DpL reichte ein Postulat ein, damit die Regierung die Realisierung einer Wasserkraftanlage im Binnenkanal prüft. Im Dezemberlandtag wurde der Monitoringbericht zur Energiestrategie behandelt. In diesem Bericht der Regierung steht: Die Regierung habe eine Arbeitsgruppe gebildet, welche Standorte für Wasserkraftanlagen aufzeigen soll. Laufwasserkraftwerke sind das Beste, was für den Klimaschutz getan werden kann. Bei richtiger Ausgestaltung des Kanals kommt auch die Natur nicht zu kurz. Siehe Tabelle: Die geringste Umweltbelastung und den kleinsten CO2-Ausstoss haben Wasserkraftwerke. 

 

DER STAAT MUSS AKTIVER WERDEN

Die Schweiz und Vorarlberg können durch den über viele Jahre stetigen Ausbau der Wasserkraft seit langem im Sommer Strom exportieren. Davon sind wir weit entfernt, der Nachholbedarf, nur um wenigstens im Sommer unabhängig zu sein, ist riesig. Erst im Oktober wurden in Vorarlberg Pläne für ein neues, sehr grosses Wasserkraftwerk vorgestellt. Photovoltaik reicht nicht für eine nur halbwegs sichere Versorgung. Über das ganze Jahr gesehen, liegt unsere Eigenversorgung – auf den gesamten Energiebedarf bezogen – bei 13%. Dreht das Ausland uns den Energiehahn zu, ist unser Land sofort in einer prekären Lage. Jede kWh, die Private auf ihren Dächern produzieren, macht uns unabhängiger. Dieses grosse Engagement der Bevölkerung ist wertvoll, aber auch der Staat sollte sich nach Jahrzehnten des Stillstandes wieder mit dem Bau leistungsfähiger Kraftwerke befassen. Sonst wird die viel propagierte Energiewende zur leeren Phrase und eine Energiemangellage nicht beherrschbar.

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