FL Post: Grundversorgungsauftrag neu interpretiert!

Die Liechtensteinische Post hat an verschiedene, in Randgebieten gelegenen Haushalte ein Schreiben verschickt, in dem inhaltlich diesen Haushalten unter Hinweis auf Gesetz und Verordnung mitgeteilt wurde, dass die Post bestehende Leistungen kritisch hinterfrage. Dem Schreiben lag eine Antwortkarte bei, auf der für die zukünftige Postzustellung eine von zwei Optionen anzukreuzen war:
In Postfach bei der Poststelle [Dorfname]
In einen durch die Post zur Verfügung gestellten Briefkasten am Rande des zusammen-
hängend überbauten Gebiets in [Dorfname]

Im Schreiben der Post heisst es: «Unter anderem geht es auch darum, die im entsprechenden Gesetz und der dazu gehörenden Verordnung bestehenden Optimierungsmöglichkeit zu nutzen.» Ein Verweis auf die massgeblichen Gesetzesstellen oder einen Hinweis, wo diese zu finden sind, fehlte im Schreiben. Das Liechtensteinische Landesgesetzblatt Nr. 248, Verordnung vom 14. Dezember 1999 zum Gesetz über das liechtensteinische Postwesen (Postverordnung, PV) legt im Artikel 6 folgendes über die Zustellung fest:
Art. 6 Zustellung der Briefe
1) Briefsendungen sind zuzustellen, sofern der Empfänger nicht durch Einrichtung eines Postfaches oder in sonstiger Weise erklärt hat, dass er die Sendungen abholen will.
2) Ist die Wohn- oder Geschäftsadresse des Empfängers nur unter unverhältnismässigen Schwierigkeiten zu erreichen oder fehlt eine geeignete und zugängliche Vorrichtung für den Empfang von Briefsendungen, kann der Empfänger von der Zustellung ausgeschlossen werden. Der Betroffene ist von dem beabsichtigten Ausschluss zu unterrichten.
3) Die Zustellung von Standardsendungen der schnellsten Kategorie hat mindestens einmal werktäglich zu erfolgen.

Kunden über den Tisch gezogen
Meiner Meinung nach kommt die Anwendung der unter Absatz 2 erwähnten Kriterien bei den mir bekannten Haushalten nicht in Frage. Die angeschriebenen Haushalte liegen an einer gut befahrbaren Strasse ohne Steigung oder Gefälle und sind dauerhaft bewohnt. Die Post hat offensichtlich auf Absatz 1 bezugnehmend versucht, die Haushalte ausserhalb des zusammenhängend überbauten Gebietes zu einer «freiwilligen» Verzichtserklärung zu bewegen, und sie hatte mit ihrem Vorgehen weitgehend Erfolg. Der Brief an die Kunden von der Post war geschickt formuliert und erweckte den Eindruck, dass das jetzt halt gemäss Gesetz so ist und man wohl oder übel eine der beiden angebotenen Varianten wählen muss. Beide Optionen waren jedoch im Grunde genommen eine Verzichtserklärung gemäss Art. 6, Abs. 1 PV. Damit wurden die betroffenen Postkunden regelrecht über den Tisch gezogen.

Grundversorgungsauftrag hat Priorität
Die Staatsbetriebe haben die Aufgabe, eine preisgünstige und verlässliche Grundversorgung zu gewährleisten. Alle Einwohner und alle Haushalte sind gleich zu behandeln, unabhängig davon, ob sie in der Dorfmitte oder etwas ausserhalb des Dorfes wohnen. Diesem Grundauftrag wurde bislang ja auch ohne Wenn und Aber nachgelebt. Es kann nicht angehen, dass Grundversorger beginnen, Haushalte ausserhalb der zusammenhängend überbauten Gebiete zu benachteiligen. Was ist, wenn weitere Grundversorger für Strom, Wasser, Telefon, Fernsehanschluss, Schneeräumung usw. das Vorgehen der Post nachahmen?
Nach den teuren Auslandsabenteuern, bei denen die zwischenzeitlich mit einem goldenen Fallschirm ausgeschiedenen Postverantwortlichen mit Firmenübernahmen im Ausland rund zwanzig Millionen Franken versenkt haben, musste die Post zur Verhinderung eines Konkurses ein Darlehen bei der schweizerischen Post aufnehmen und den Gürtel enger schnallen. Jetzt werden den «Pöstlern» Zustell-Touren aufgeladen, die in der vorgegebenen Zeit kaum oder nicht machbar sind. Und, weil die Post-Oberen den Pöstlern die Überzeit nicht vergüten wollen, wird halt versucht, die Postzustellung einzuschränken, um mit harten Massnahmen das finanzielle Ergebnis aufzubessern.
Wieder einmal müssen Unschuldige für Versäumnisse der verantwortlichen Personen herhalten und büssen. Das kann und darf nicht sein!

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