Gleich lange Spiesse in Sachen Melde- und Bewilligungspflicht

Die Schweiz hat im Jahr 2004 eine Meldepflicht für grenzüberschreitende Tätigkeiten eingeführt, um die Einhaltung der minimalen Lohn- u. Arbeitsvorschriften zu kontrollieren. Auch in Liechtenstein besteht eine Meldepflicht für ausländische Firmen, die hier eine Arbeit ausführen.

Firmen in den Branchen des Bau-, Gast-, Reinigungs-, Überwachungs-, Reisenden-, Erotik- und Gartenbaugewerbes, die in der Schweiz Arbeiten ausführen wollen, müssen acht Tage vor Beginn der geplanten Arbeiten Meldung machen. Beispielsweise muss eine Zimmerei, die in der Schweiz einen Dachstuhl aufzurichten hat, acht Tage vor Beginn eine Meldung einreichen, auch wenn der Auftrag in einem Tag erledigt ist.

In den übrigen Branchen besteht eine Meldepflicht nur für Arbeiten, die länger als acht Tage dauern. Eine mechanische Werkstätte beispielsweise muss den Aufbau einer Anlage in der Schweiz nur dann melden, wenn die Arbeit länger als acht Tage dauert.

Kürzere Spiesse in der Baubranche
In Liechtenstein dürfen Schweizer Firmen aller Branchen acht Tage lang arbeiten, ohne eine Meldung machen zu müssen. Eine Unterscheidung der Branchen wie in der Schweiz wird in Liechtenstein nicht gemacht. Dies ärgert die liechtensteinischen Unternehmer der betroffenen Branchen. Im Unterschied zu schweizerischen Firmen, gilt für Firmen aus dem EWR und aus Drittstaaten eine Meldepflicht ab dem ersten Tag und die Anmeldung muss acht Tage vor Beginn erfolgen. (Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 6.4.2016, «Entsendung»).

Dieser Zustand währt schon seit über 10 Jahren! Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO in Bern schrieb am 20. Dezember 2007: «Insbesondere die betroffenen Grenzkantone haben die Einhaltung dieser Melderegelung auch bei der Entsendung von Arbeitnehmern aus dem Fürstentum Liechtenstein durchgesetzt, was die liechtensteinische Regierung zu Beschwerden gegenüber der Schweiz veranlasst.»

Die Meldepflicht beschränkt grenzüberschreitende Tätigkeiten in beiden Länder auf maximal 90 Tage. Dabei beziehen sich die Anzahl Tage auf den Betrieb, d.h. es spielt keine Rolle, ob an einem Tag ein oder mehrere Arbeiter in das andere Land entsendet werden. In der Schweiz erfolgt die Meldung elektronisch an einen Ort. In Liechtenstein muss an drei Amtsstellen eine Meldung gemacht werden (Stichwort: Staatsapparat).

Tätigkeiten einer Firma im jeweils anderen Land, die über 90 Tage hinausgehen, sind sowohl in der Schweiz als auch in Liechtenstein bewilligungspflichtig. Die kantonalen Behörden prüfen, ob die Arbeiten der ausländischen Firma mit den volkswirtschaftlichen lnteressen im Einklang sind. In der Praxis wird eine Bewilligung nur erteilt, wenn kein heimischer Unternehmer die gleichen Arbeiten ausführen kann. Liechtenstein hingegen macht keine analoge volkswirtschaftliche Prüfung. Wenn die Lohn- und Arbeitsbedingungen erfüllt sind, wird eine Bewilligung erteilt, obwohl heimische Firmen den Auftrag auch ausführen könnten. In dieser Hinsicht ist dringender Handlungsbedarf seitens des Ministeriums für Wirtschaft gefordert!

Spiesse verlängern?
Liechtenstein kann von sich aus die Spiesse nicht auf die gleiche Länge kürzen, sondern allenfalls auf die gleiche Länge verlängern. Wenn die hiesige Baubranche gleiche Meldefristen wie in der Schweiz für Unternehmen aus der Schweiz haben möchte, dann sollte dies wirklich nur in diesen Branchen umgesetzt werden. Für die anderen, die eingangs im zweiten Absatz nicht aufgeführten Branchen – und das ist der weit grössere Anteil – wäre dies eindeutig ein Nachteil und käme einer Verlängerung der Spiesse gleich. Dies würde nichts anderes bedeuten als eine weitere Abschottung vom Wirtschaftsmarkt Schweiz. Hingegen das Bewilligungsverfahren kann meiner Ansicht nach einheitlich gestaltet werden.

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