Motion/Postulat: Kostenbefreiung bei Schwangerschaft

Die Erreichung einer Kostenbefreiung bei Krankheit und Komplikationen, sowohl bei der Mutter selbst als auch beim Kind, ab der 13. Schwangerschaftswoche bis zur zehnten Woche nach der Niederkunft, verzögert sich.
Mit der Motion würde die Mutter von der Franchise und dem 20-prozentigen Selbstbehalt während dieser Zeit, sofern Kosten tatsächlich anfallen, entlastet. Die eingereichte Motion ist kurz vor der Abstimmung in ein Postulat umgewandelt worden, da eine Überweisung auf Grund vieler skeptischer Voten unsicher war. Das Postulat fand dann eine Mehrheit und wurde überwiesen.

Auch ein Postulat ist ein Schritt vorwärts
Mit der Überweisung einer Motion arbeitet die Regierung ein Gesetz aus und legt dieses in einem Bericht und Antrag an den Landtag zur Beratung und Beschlussfassung vor. Mit der Postulats-Überweisung werden vorerst Fragen im Zusammenhang mit der Kostenbefreiung bei Mutterschaft geprüft. Für eine Umsetzung braucht es einen weiteren Vorstoss, der meinerseits nach Erhalt der Postulats-Beantwortung in einem dritten Anlauf erneut eingebracht wird.

Regierungsrat Pedrazzini für Familienförderung
Für die Regierung stellt die Umsetzung einer Kostenbefreiung offensichtlich kein Problem dar. Regierungsrat Pedrazzini stand dieser Familienförderung wohlwollend gegenüber. Ebenso sah der Krankenkassenverband in einem Gespräch in der Fraktions überhaupt kein Problem mit einer Umsetzung. Es gab auch Abgeordnete, die einen Sinn in der Motion erkannten, allerdings verhielten sich viele, die sich zu Wort meldeten, zurückhaltend oder gar abweisend gegenüber der Motion. Folgende Fragen und Antworten ergaben sich in der Landtagssitzung:

Krankheit und Unfall sind nicht das Gleiche
Das Postulat beinhaltet eine Kostenbefreiung für allgemeine medizinische Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in der Zeit von der 13. Schwangerschaftswoche bis zehn Wochen nach der Geburt. Einige Abgeordnete brachten vor, dass auch Unfälle in den Genuss einer Kostenbefreiung kommen könnten und dies zu einer Prämiensteigerung führen könnte. Viele Mütter sind in einer separaten Unfallversicherung, meist im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, versichert. Unfallversicherungen erheben keine Kostenbeteiligung und somit sind diese Mütter bei Unfall heute schon von einer Kostenbeteiligung befreit. Diejenigen, die eine obligatorische Krankenpflegeversicherung mit Unfallschutz haben, würden also denjenigen mit separater Unfallversicherung gleichgestellt.

Kein Zusammenhang mit Initiative «Familie und Beruf»
Ein anderes Gegenargument, das Volk habe letztes Jahr im Zusammenhang mit der Initiative «Familie und Beruf» eine Kostenbefreiung bei Mutterschaft verworfen, stimmt überhaupt nicht. Das Volk stimmte gegen eine Wirtschaftsförderung mit jährlich über CHF 7 Mio. aus der Familienausgleichskasse, mit Geld das den Familien gehört. Im Weiteren stimmten viele gegen die Etablierung von Kitas, speziell die Förderung von Betriebskitas, mit der Befürchtung, dass althergebrachte Familienmodelle vernachlässigt werden.

Kein Giesskannenprinzip
Einige orteten ein Giesskannenprinzip. Das Giesskannenprinzip ist nicht gegeben, in der Motion war klar definiert, dass nur von der 13. Woche bis 10 Wochen nach der Geburt, nur bei Krankheit und Komplikationen mit dem Kind und nur die betroffenen Mütter von einer Kostenbeteiligungen befreit werden. Eine finanzielle Unterstützung soll es nur dort geben, wo nicht geplante finanzielle Belastungen in einem begrenzten Zeitraum anfallen. Ein Giesskannenprinzip wäre gegeben, wenn bei jeder Geburt ein bestimmter Betrag ausbezahlt würde, unabhängig davon, ob eine Selbstbeteiligung ansteht oder nicht. Das ist aber nicht der Fall.

Neid: Unseren Familien gehe es besser als schweizerischen
Eine weitere ablehnende Begründung war, Liechtenstein entlaste die Familien bereits bedeutend nachhaltiger als die Schweiz. Ja, es gibt in Liechtenstein Förderungen, die es in der Schweiz nicht gibt. Das hindert mich jedoch nicht, für liechtensteinische Familien einzutreten. Wir sind ein eigenständiger souveräner Staat und müssen selber schauen, wie wir unsere auf dem Kopf stehende Alterspyramide umdrehen. Möglich ist dies durch Zuwanderung oder Erhöhung der Geburtenrate: Ich bin für Letzteres. Eine Verjüngung der Bevölkerung ist notwendig, die fortschreitende Überalterung belastet die erwerbstätige Bevölkerung zu stark. Übrigens: Die angestrebte Kostenbefreiung ist in der Schweiz seit 2014 Normalität.

Alle Mütter werden berücksichtigt
Dann das Gegenargument, alleinstehende Mütter würden nicht berücksichtigt. Dies ist völlig aus der Luft gegriffen. Weder im Krankenkassengesetz noch im Postulat wird eine Unterscheidung zwischen ledig, verheiratet, berufstätig, selbstständig, etc. gemacht. Sie alle erhalten, sofern die Prämie für die Krankenkasse einbezahlt wurde, die gleichen Leistungen. Denjenigen, welche die Krankenkassenprämie unmöglich bezahlen können, hilft das Sozialamt aus. Die Solidarität zwischen Arm und Reich ist gesetzlich verankert.

Lieber einen Tropfen statt gar nichts
Einem Redner geht die Förderung, welche dieser Vorstoss bewirken würde, viel zu wenig weit. Das sei nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Dem stimme ich zu, aber ein Tropfen ist besser als gar nichts. Es gibt Familien und Alleinerziehende, die jeden Rappen umdrehen müssen. Dort, vor allem bei Alleinerziehenden und jungen Familien, bzw. dort wo keine finanzielle Rücklage gebildet werden konnte, bringt die Kostenbefreiung eine finanzielle Absicherung. Unterstützung wird nur gewährt, wenn tatsächlich Kosten anfallen.

Unbedeutende Kosten für die Allgemeinheit
Das grösste Hindernis einer Überweisung der Motion stellte die nicht genaue Bezifferung der Kosten dar. Um wirklich genaue Werte zu erhalten, müssten bei sämtlichen 385 Geburten im letzten Jahr die Kostenbeteiligung der Mutter herausgerechnet werden. Zu diesen Daten haben Abgeordnete keinen Zugriff. Da ich keine Zahlen, die nicht fundiert sind, abgeben wollte, war meine Interpretation: Für die Gesamtheit der Bevölkerung ist diese solidarische Mutterschafts-Unterstützung eine verschwindend kleine Belastung, aber für die betroffene Familie eine grosse Unterstützung und finanzielle Absicherung.

Richtwerte für Kosten
Im Jahr 2015 wurden gemäss den Ergebnissen des Amtes für Statistik 325 Lebendgeborene verzeichnet. Die Krankenkasse zählte im Jahr 2015 exakt 39 142 Versicherte. Daraus ergibt sich, auf eine Schwangerschaft fallen 120 Prämienzahler. Die Kostenbeteiligung der Frauen im Alter zwischen 17 und 40 Jahren betrug im Jahr 2015 pro Frau und Monat im Schnitt 28,50 Franken. Auf 120 Versicherte verteilt ergibt das rund 25 Rappen pro Monat. Mittlerweile wurden die Selbstbehalte erhöht, trotzdem bleiben die Mehrkosten für die Versicherten mit Sicherheit deutlich unter einem Franken pro Monat. Regierungsrat Pedrazzini hat zusammen mit dem Krankenkassenverband die Kosten abgeschätzt, er schätzte höchstens etwa 0.2% Prämienerhöhung, was etwa 60 Rappen entspricht. Er betonte zweimal, dies sei das Worst Case Szenario, also der ungünstigste anzunehmende Fall, der nie eintreten wird. Wieviel diese familienfördernde Massnahme auf den Rappen genau ausmacht, wird die Antwort im Postulat zeigen. Die Antwort der Regierung kann im nächsten Frühling erwartet werden.

Erschreckend wenige Geburten
In der Angabe der Statistik sind mit 325 Neugeborenen alle Geburten, nicht nur diejenigen Kinder mit liechtensteinischer Staatsbürgerschaft enthalten. Das Verhältnis 325 Geburten zu 39‘142 Versicherten, welches 0,008 Geburten auf einen Versicherten ergibt, zeigt eine viel zu tiefe Geburtenrate in Liechtenstein. Eine Familienförderung ist mehr als nur angebracht. Es ist an der Zeit, die seit Jahren vernachlässigte Familienpolitik neu aufzugleisen. Die Fortführung der Einwanderungspolitik der letzten Jahrzehnte ist natürlich leichter, Zuwanderer und Asylanten warten zur Genüge auf eine Öffnung.

Level der Aufnahmefähigkeit erreicht
Statt Einwanderung sollten wir mit den seit langem bei uns ansässigen Familien ein zukunftsfähigeres Liechtenstein formen. Viele Familien sind in der zweiten Generation hier und haben längst die liechtensteinische Staatsbürgerschaft, sind also Liechtensteiner. Trotzdem nehmen wir viele als Ausländer wahr. Das ist ein Zeichen, dass die Anpassung und Integration, die Verschmelzung der verschiedenen Nationen – durch Heirat oder einfach durch gesellschaftlichen Zusammenhalt – nicht stattfindet. Das führt bei weiterer Zuwanderung zu Parallelgesellschaften, mitunter auch zur Zweiklassengesellschaft. Zuwanderung und Integration funktioniert nur solange eine aufnahmefähige Bevölkerung vorhanden ist. Den Level der Aufnahmefähigkeit haben wir erreicht. Für die nächsten Jahrzehnte muss ein Zusammenwachsen und dazu ein weiteres Wachstum aus dem Innern, aus dem Kern des Staates, aus den Familien in Liechtenstein, angestrebt werden.

Familien höher schätzen
Junge Menschen sollen beim Ziel, in der heutigen Zeit eine Familie zu gründen, besser unterstützt werden. Familien sind das Fundament unseres Staates und haben einen unbezahlbaren Wert. Gerade Eltern leisten mit der Übernahme von Erziehungs- und Betreuungspflichten einen grossen Beitrag für die Aufrechterhaltung unserer Sozial- und Umlagesysteme und den Fortbestand unserer Wirtschaft. Mit einer Besserstellung der Mutter, für die Zeit der Mutterschaft, soll die Leistung, welche die Familien an die nächste Generation erbringt, gewürdigt und höher geschätzt werden. Kinder zu haben ist für die Zukunft unseres Landes von enormer Wichtigkeit, bedeutet jedoch für die Eltern, für Alleinerziehende im Besonderen, auch eine zusehends hohe finanzielle Belastung. Deshalb sollen Mütter in den Genuss einer zeitlich beschränkten Kostenbefreiung bei Mutterschaft kommen.

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