IWF-Beitritt im Eilzugtempo?

Die Regierung erhofft sich von Einem Beitritt zum IWF eine Art Versicherung in letzter Instanz zu erhalten, um bei einer Naturkatastrophe oder einer erneuten Krise im Finanzsektor besser abgesichert zu sein. Sie hat nach der Landtagsitzung vom September 2022 die Verhandlungen zu Beitrittsgesprächen aufgenommen.

Anfang Dezember weilte eine hochrangige IWF-Delegation im Fürstentum Liechtenstein, um sich ein Bild vor Ort zu machen. Das Fazit fiel durchwegs positiv aus. So erklärte der Leiter der Delegation Gabriel Di Bella: «Es ist ziemlich aussergewöhnlich, ein Land ohne Schulden zu finden.» Bezüglich eines Mitgliedschaftsprozesses mache er sich keine Sorgen. Sollte alles gut laufen, könnte Liechtenstein bereits Mitte 2024 als 191. Mitglied beim IWF begrüsst werden.

Als eines der wenigen Länder mit Staatsreserven, wie es Herr Di Bella festgestellt hat, sind wir mit grösster Sicherheit eines der letzten Länder, die Kredite aus diesen Töpfen bekommen werden. Es sei denn, wir haben sämtliche Reserven aufgebraucht. Sollte dies geschehen, wurden schon lange vorher grobe Fehler begangen. Die Quote, die sich noch in der Berechnungsphase befindet, stellt die Grundlage für die Einlage in den Fonds dar. Je höher die Quote berechnet wird, desto höher sind die Bezüge, die bei mangelnder Liquidität aus dem Fond bezogen werden können. Allerdings würde der IWF auch harte Forderungen stellen und eine Erhöhung der Steuern, Privatisierung von Staatsunternehmen etc. durchsetzen, weil IWF-Kredite immer zurückgezahlt werden müssen. Wenn Liechtenstein aber seine Standortvorteile verliert, dann wird auch ein Austeritätsprogramm das Land nicht mehr retten können, sondern viel eher definitiv in den Ruin treiben. Denn Liechtenstein würde wie vor 100 Jahren wieder zu einem Auswanderungsland.

Im Gegensatz zu früher ist Auswandern heute viel einfacher. Ein Drittel der Bevölkerung sind bereits Ausländer und mit dem Land nicht so tief verwurzelt wie Einheimische. Ein weiteres Drittel der Bevölkerung besitzt zudem mindestens zwei Pässe. Ausserdem herrscht möglicherweise auch dann noch, wenn es zu diesem «grossen Unfall» kommt, Personenfreizügigkeit mit der Schweiz und der EU. Also, alles keine wirklich rosigen Aussichten.

Wenn über einen IWF-Beitritt nachgedacht wird, dann müssen auch verschiedene Szenarien durchgespielt werden, nämlich unter welchen Umständen das Land in eine grosse Notlage kommen könnte und welche Konsequenzen dann bei einem IWF-Kredit auf das Land zukämen.

Kritiker des IWF weisen immer wieder darauf hin, dass die IWF-Programme durch ihre Regularien für die in Not geratenen Länder zu viele Bedingungen enthalten. Durch die vom IWF verordneten strukturanpassenden Massnahmen greift er massgeblich in volkswirtschaftliche, institutionelle sowie rechtliche Rahmenbedingungen ein: Steuerdisziplin, Haushaltstransparenz, Liquidierung der öffentlichen Dienste. Diese auferlegten Regularien können selbst von den Verwaltungen willigster Regierungen kaum umgesetzt werden. Als kleines Mitgliedsland haben wir kaum ein Mitspracherecht, denn die Stimmanteile der Mitglieder werden mit einer Formel ermittelt, die sich auf wirtschaftliche Kriterien abstützt. Stimmenstärkstes Mitglied sind die USA. Sie haben auch als einziges Mitglied ein Vetorecht.

Daran sieht man, dass es sich beim IWF um keine Institution handelt, bei der die Vertragsstaaten auf Augenhöhe miteinander sprechen. Die USA können demzufolge Entscheidungen innerhalb der Gremien bestimmen und gegebenenfalls blockieren. Zu den Regularien von EWR, EMRK, UNO-Konventionen etc. kämen neu auch die Bedingungen des IWF dazu. Es fehlt jetzt nur noch die Mitgliedschaft in der WHO.

EINE KOSTENINTENSIVE AUSSENPOLITIK

Das Bestreben der Regierung, auf deninternationalen Parketten mitmischen zu wollen, ist kostenintensiv. Es stellt sich die Frage, ob dies alles für einen Zwergstaat ohne eigene Währung noch verhältnismässig ist. Warum immer mehr Geld für Repräsentationsaufgaben ausgeben, im Inland beim Bürger aber sparen? Für den IWF allein rechnet die Regierung mit einer jährlichen Belastung von zusätzlichen CHF 500’000.- für die Administration (Personal). Wer diese Voraussage glaubt, ist leichtgläubig. Ob dies ausreichen wird, wird sich erst zeigen müssen. Die Erfahrung lehrt, dass alles immer klein anfängt und sich dann krebsartig ausdehnt. Dafür gibt es bereits genügend Beispiele im Land.

Wir haben der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen im Landtag trotz einiger kritischer Anmerkungen zugestimmt. Allerdings heisst das lange nicht, dass wir unsere Zustimmung zu einem IWF Beitrittgeben werden. Zuerst müssen alle Fakten, Zahlen und Szenarien auf dem Tisch liegen, bevor eine abschliessende Beurteilung möglich ist.

Die Regierung hätte den Landtag über seine IWF-Beitrittspläne nicht informieren müssen, tat dies dennoch, um ein Stimmungsbild einzuholen. Denn grundsätzlich ist die Regierung frei, Verhandlungen zu führen, mit wem sie es für wichtig und richtig hält.

Nach meiner Auffassung soll am Schluss jedoch die Bevölkerung darüber entscheiden, ob ein IWF-Beitritt tatsächlich opportun ist oder nicht.

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